Perfektion

Ich sah ihn dort stehen. Er sang mein Lied. Einfach so, als ob es nichts wäre. Als ob es keine Bedeutung hätte, dieses Lied zu singen, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, das zu tun. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, starrte ausdruckslos auf seine Lippen, die meine Worte formten, sie in leicht nasaler Tonlage in die Welt hinaus posaunten, ohne dass es einen für ihn erkennbaren Zuhörer gegeben hätte. Es ist niemandem zu beschreiben, wie es sich anfühlt, wenn man das zum ersten Mal erlebt. Man weiß dann, dass man das Richtige tut, dass alle, die einem immer davon abgeraten haben, die Musik weiter ernsthaft zu verfolgen, falsch lagen, dass plötzlich mehr als zehn Jahre Kampf gegen Zweifler doch noch Sinn machen, obwohl man die Schlacht ein ums andere Mal schon verloren geglaubt hatte. Es veränderte alles, dieses Erlebnis. Es war besser als der Moment, in dem zum ersten Mal etwas von mir im lokalen Radio lief, es war aufregender als das kurze Interview für ein Fanmagazin vor ein paar Monaten, es war erregender als die schärfsten jungen Frauen, die alles dafür taten, um mit uns Musikern rumhängen zu dürfen. Ich bekam eine Erektion, die so hart war, dass sie wehtat, dort, auf der Strasse hinter dem abgefuckten Fast-Food-Laden.

Hätte mich jemand gesehen, wie ich dort stand, mit offenem Mund, fast sabbernd, einen mir Unbekannten Betrunkenen beobachtend, eine sich immer deutlicher in meiner Hose abzeichnende Beule vor mir tragend, er wäre wohl zu dem Schluss gekommen, dass mit mir grundlegend irgendwas nicht stimmt.

Das Gegenteil war der Fall: Zum ersten Mal im meinem Leben stimmte einfach alles.