Frank und Ich.
„Erzähl mir etwas über das Verhältnis zu Deinem Vater“ ist wahrscheinlich der beste Spruch der Welt, um Frauen rumzukriegen, aber man muss ein ziemliches Arschloch sein, um ihn zu benutzen. Frank denkt darüber nach, was passiert ist und zündet sich zum ersten Mal seit Jahren eine selbstgedrehte Zigarette an. Dieser süßliche Geruch von Tabak, silberne Rauchfäden, die in Richtung Zimmerdecke tänzeln und sich auf dem Weg dorthin in der Nichtsexistenz verlieren. Einzeln betrachtet sind Zigaretten wundervoll, im Rudel werden sie etwas abgrundtief Grauenhaftes, eigentlich genau wie Menschen, denke ich. Ich sollte jede Hoffnung aufgeben und mir eine Katze kaufen, das wäre es. Ein Stückchen Glut von der Zigarettenspitze fällt auf den Oberschenkel von Frank, verschmort dort ein paar Haare und tut ein etwa eine Sekunde lang höllisch weh, Frank wischt die Glut nicht weg, etwas körperlicher Schmerz tut zur Abwechslung ganz gut. Ich weiß, dass Du nicht weißt, was Du willst und will, dass Du weißt, dass Du eigentlich nichts von all dem willst. Männer kaufen sich wohl eher Hunde, oder rede ich mir das ein, weil ich gerne Außenseiter bin? „Ich sag es mal so: Einer Frau, die keine Probleme mit ihrem Vater hat, würde ich keine fünf Meter über den Weg trauen, mit der stimmt irgendwas Grundsätzliches nicht“, sagt Frank, fast so, als könnte er meine Gedanken lesen, wirft den noch glimmenden Zigarettenstummel mit einer verächtlichen Geste aus dem Fenster, geht dann in die Küche und setzt Wasser auf, vermutlich für Tee, ich sitze hier auf dieser beschissenen Ikea-Couch herum, die ich mir einreden habe lassen, gucke wie eine Eule durch die beschissen dicken Gläser von dieser Brille, die ich mir auch durch den Kauf eines neueren Modells nicht habe ausreden lassen und habe wieder einmal Angst vor dem, was als nächstes mit Dir und mir passiert und davor, dass ich demnächst womöglich nicht mehr diesen Schritt zurück treten und sehen kann, dass Du Dir selbst nicht gut tust, dass es mich irgendwann bald so trifft, dass ich verlerne, Dich zu lieben. Das wäre ein echtes Problem, nicht diese Scheingefechte um die Tatsache, mit wem Du heute oder morgen ins Bett gehst. Wenn das, was eigentlich bleibt, anfängt, zu gehen, das meine ich. In der Küche lacht Frank plötzlich über irgendetwas und steckt mich damit an.