Briefing (IV)

Lieber Wayne Wang,

Sie haben es doch tatsächlich geschafft, mich zu verblüffen. Nachdem ich im Laufe meines Lebens eine gefühlte Anzahl von zehntausend schlechten Hollywood-Filmen gesehen habe, war ich davon überzeugt, dass mich nichts mehr schockieren könnte, aber ihr Machwerk von 2002 namens “Maid in Manhatten”, das ich vor kurzem konsumieren durfte, unterbietet locker alles, einschließlich meinem bisherigen Lowlight, der abrundtief schrecklichen, alle Horror-, Fantasy- und SciFi-Genreschwächen vermischenden Comicverfilmung “Van Helsing”.

Es sind nicht nur die miesen Schauspieler und die extrem klischeehaften Rollen, allen voran eine völlig hölzern-stereotype Jennifer Lopez, die Ihren Film, der wohl soetwas wie eine romantische Komödie, im übrigen ein Genre für das ich tatsächlich eine peinliche Schwäche habe, darstellen soll, zum für mich schlechtesten Film aller Zeiten machen, sondern auch die pathetischen Nonsense-Dialoge, die unfassbar dilettantische Kameraarbeit, die gruselige Musik und die nicht vorhandene Handlung. Und letzteres ist nicht im postmodernen Sinne zu verstehen, im Gegenteil: Ihr Film wirkt, als hätte man alle romantischen Komödien zwischen 1985 und 1995 auf den schlechtesten gemeinsamen Nenner gebracht und dabei den Humor komplett herausgeschnitten. Dass man dazu in der zweiten Hauptrolle einen als Pseudo-Gutmenschen agierenden, republikanischen Lokalpolitiker bewundern darf und Richard Nixon im Film als missverstandener Held (!) dargestellt wird, ist eigentlich nur noch Nebensache, vor allem angesichts solchen Stellen wie der, an der das Happy End längst greifbar ist, sie aber nochmal minutenlang die leere Strasse vor dem Hotel filmen, dazu eine akustische Gitarre erklingen und ein paar Herbstblätter ins Bild regnen lassen, was man auch “schwermütige Stimmung erzeugen für Vorschulfilmer” nennen könnte.

Mich wundert es jedenfalls nicht, dass wir die Videokassette geschenkt bekamen und es dürfte sie nicht wundern, dass wir sie wohl dennoch zurückgeben oder in den Müll werfen werden. Ich fühlte mich beim Ansehen ihres Films wie der eigentlich intelligente kleine Junge, der in einer Szene zwei Science-Fiction-Plastikspielzeuge mehrmals hirn- und wortlos aneinanderstösst, was wohl seinen Frust verdeutlichen soll. Ich hoffe sehr inständig, dass ich nie wieder einen Film von Ihnen werde sehen müssen. Schon die Vorstellung davon bereitet mir schlimme Alpträume.

Ihr für diese Erfahrung dennoch dankbarer
Sebastian B.

PS: Ernsthaft, jetzt: Bitte, bitte, lassen sie das mit dem Regieführen doch in Zukunft sein. Es gibt so viele andere tolle Dinge, die man mit seinem Leben anstellen kann. Zum Beispiel von Hochhäusern runterspringen.
PPS: Falls das Ganze doch eine perfekt getarnte, sarkastische Parodie war, lassen Sie es mich wissen. In diesem Falle sind sie ein perfides Genie, Sir.