Konstellation.

(…) zumindest bis zu dem Tag, an dem er Gott begegnete. Gott war ein tätowierter und gepiercter Mann mittleren Alters, der hinter einem riesigen, quadratischen und seltsam leuchtenden Fenster am Himmel saß, welches mit komischen Symbolen und Zeichen beklebt war. Gott saß einfach so da und starrte durch eben dieses Fenster, starrte ausdruckslos und mit geröteten Augen zwischen zwei von den zweifellos magischen Symbolen, die mit kryptischen Namen wie „Arbeitsplatz“ und „Firefox“ betitelt waren, hindurch, als L. die Landstraße mit seinem Wagen entlang fuhr. L. hatte schon den ganzen Tag darüber nachgedacht, was an diesem Tag anders war als sonst, und als es ihm irgendwann auffiel, konnte er gar nicht anders, als nach oben zu blicken und dort Gott zu entdecken.

Es war an diesem ganzen Tag nämlich keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. L. hatte es noch nie erlebt, dass keine Wolken zu sehen waren. Er hatte zwar eine ganz normale Vorstellung von Wetter und dem zyklischen Wechsel der Jahreszeiten, aber ihm war bis zu diesem in vielerlei Hinsicht bemerkenswerten Tag noch niemals bewusst aufgefallen, das sich das Klima auf seinen ganzen Reisen nie wirklich verändert hatte. Normalerweise war vierundzwanzig Stunden alles grau in grau. Und an diesem Tag? Leuchtendes Blau und mittendrin dieses komische Fenster mit dem Gott-Mann, der sich gerade am Kopf kratzte und sich anschließend einen länglichen weißen Gegenstand in den Mund steckte, den er mit einem anderen Gegenstand in Brand zu setzen schien. Rauch stieg auf, Gott atmete tief ein, gab ein donnerndes Seufzen von sich, bevor auch aus seinem Mund Rauch kam, der den blauen Himmel wieder halbwegs vernebelte. L. hatte längst seinen Wagen am Rand der Straße geparkt und blickte fassungslos nach oben zu dem Mann am Himmel, der gerade damit anfangen wollte, L.s Geschichte weiterzutippen, ihn irgendwo ankommen zu lassen und plötzlich stockte, als er bemerkte, dass L. nicht nur angehalten hatte, sondern sich mit ihm zu beschäftigten schien.

„Ach du heilige Scheiße!“ sagten die beiden Männer beinahe lippensynchron, als sie sich vollends bewusst wurden, dass sie nicht nur jeweils den Anderen beobachten, sondern sich auch gegenseitig als Existenzen wahrnehmen konnten, so verschieden ihre beiden Welten nicht nur auf Plot-Ebene waren.

Der Moment dauerte nur ein paar Sekunden, dann begann Gott hektisch zu tippen und L. fing intuitiv an, wegzulaufen so schnell er konnte. Er wusste, was der der Mann hinter dem Fenster vorhatte: Er wollte ihn umbringen.  Und er hatte  verdammt gute Karten, denn er schrieb schließlich L.s Geschichte.