Tageinaus.

Es ist Dir alles so gleich und eintönig und gerade diese Gleichheit und Eintönigkeit macht es alles so fremd. Du kannst Dich nicht mit ihnen identifizieren, egal, wie sehr Du Dich dazu zu zwingen versuchst. Wie zum Teufel sollst Du je Spaß an diesen Dingen finden, für die sie sich tageinaus aufs Neue begeistern, als wären es die größten Sensationen, die die Welt je gesehen hat, ihre lustigen Bildchen auf Facebook, ihr stumpfes Voyeurfernsehen, ihre öden Gespräche auf noch öderen Parties, ihre Vorliebe dafür, einem Spiel zuzusehen, bei dem völlig fremde Menschen einem Ball hinterherlaufen, ihr Sinn für Humor, der einfach so anders ist als der Deinige und ihre Unfähigkeit, sich aus sich heraus für irgendetwas zu begeistern, für das sich nicht mindestens auch fünf andere Leute in ihrem Umfeld begeistern, so dass sie bloß mitlaufen und keine eigene Anstrengung investieren müssen und so vieles mehr? Du schaffst es vielleicht ein paar Mal, ein Interesse für diese Dinge vorzutäuschen, Dich kurz darauf einzulassen, alles abzuschalten, das sich in Dir wehrt, so zu tun, als wärst Du doch auch einer von ihnen, aber am Ende bleibt es Dir vom Kopf her eine völlig fremde Welt, an der Du nie teilhaben wirst und wenn Du es wagst, das offen zuzugeben, dann beschimpfen sie Dich als arrogant und überheblich und dann bist Du nicht mehr der merkwürdige Typ mit den sonderlichen Interessen, sondern der überhebliche Typ, der sich mit den Sachen nicht zufriedengibt, die doch alle tun und die jeder gut findet, der sich immer nur abgrenzen will und dann wirst Du noch fremder, als Du es bereits bist.

Es ist Dir alles so gleich und eintönig und so setzt Du Dich jeden Abend hin und schreibst über diese Fremdheit, immer in der Hoffnung, dass es da draußen wenigstens einen anderen Menschen gibt, der die Dinge so empfindet wie Du sie empfindest und dass diesen einen Menschen die Flaschenpost erreichen könnte, weil Deine Natur Dich dazu zwingt, andere Menschen zu suchen. Du hasst Deine Natur oft dafür, dass sie Dich zu so einem Mangelwesen gemacht hat, das Trieben und Zwängen unterworfen ist wie ein Tier, das eine Herde suchen muss, die es scheinbar gar nicht gibt und versuchst gegen diese Natur in Dir zu kämpfen, obwohl Du weisst, dass Du nicht gewinnen kannst. Zu anderen Zeiten wieder resignierst Du angesichts dessen, was in Dir ist und was Du nie besiegen kannst, streckst die Waffen und beginnst auch im echten Leben nach Menschen zu suchen, die Dir ähnlich sein könnten. Manchmal glaubst Du dann, eine solche Person gefunden zu haben, die Du tatsächlich mögen könntest, jemanden, der Teil Deiner verlorengegangenen Herde sein könnte, aber dann geht entweder gleich alles schief oder irgendwann viele Jahre später, in denen Du nicht einmal geahnt hast, dass doch irgendetwas nicht stimmt, die Gründe verstehst Du selten richtig, denn Du wolltest dem Anderen ja nie etwas Böses, im Gegenteil hast Du doch Dein ganzes Leben nur nach ihm gesucht.

Es ist Dir alles so gleich und eintönig und so irrst Du weiter und drehst Dich im Laufe der Jahre nur dauernd im Kreis und bevor Du es bemerkst, bist Du selbst gleich und eintönig geworden, nur auf Deine eigene, ganz besondere Art und Weise.