Kaskade 2-4
Der einfache Weg ist aber nicht der Beste, ich hoffe, das ist Dir klar. Die brutale Wucht, mit der Gefühle einen überfahren können, erstaunt mich immer wieder. Schatten sind nicht schwarz, sie sind blau, man sieht es, wenn man sie photographiert und dann mit der Pipette in Photoshop die Farbe aufnimmt. Ohne die Ablenkung hätten Gedanken überhaupt keine Inhalte, überhaupt keine. Ich möchte mich an das Gestern erinnern, als ob es kein Heute gäbe. (Was würde eigentlich passieren, wenn ich Dich einfach küsse?) Ich blicke auf meine Hände und frage mich, was ich getan habe, um so zu werden. „Die Worte fliegen auf, der Sinn hat keine Schwingen“, sagt der König zu Hamlet. Damals bin ich einfach mit zu Dir gefahren und habe mit Dir geschlafen, wie einfach das war, als wäre es in einer anderen Welt passiert, in der es keine komplizierten Beziehungen zwischen Menschen gibt. Es gibt Schreibprogramme, die darauf basieren, dass man den kompletten Bildschirm zum Schreiben hat und von nichts abgelenkt wird. (Wie ich mit meinen Lippen die Zukunft verändern würde, und dafür nicht mal reden müsste, das frage ich mich.) Nicht in einer anderen Welt, in einer besseren/einfacheren Welt. Die Wahrheit ist, dass es gerade die Ablenkung ist, die das Schreiben ausmacht. Ich springe statt dem Schatten einfach über diesen Fluss, der ist auch blau.