Restedenken (I)
Über einen längeren Zeitraum nichts zu schreiben war nie eine ernsthafte Option. Wenn man nicht schreibt, dann tun es andere dennoch und man steht nur daneben und ärgert sich über sich selbst, es bleibt einem nur noch das Lesen, der Konsum. Nicht zu lesen geht auch nicht, wenn es das einzige Konsummedium ist, dass Du dauerhaft ertragen kannst. Ohne Konsum und Produktion droht schlimmstenfalls Stumpfsinn, bestenfalls willst Du plötzlich Dinge aus Holz bauen (ich wollte eigentlich schon immer mal Dinge aus Holz bauen).
Die zum zweiten Mal vorgetragene Frage, warum sie die Dateien in wild durcheinanderfliegende Ordner in ihrem Rechner wirft, in denen sie nichts wiederfindet und nicht stattdessen ein paar vernünftig sortierte Ordner aufmacht, beantwortet sie damit, dass sie ein Lied singt und dann lacht, eine Reaktion, die ich zunächst gar nicht als Antwort auf die Frage auffasse. Ich lache einfach mit. Ich bin wahrscheinlich der einzige Mensch mit Internetanschluss, der dieses Lied nicht kennt. Ich finde ein paar Tage später heraus, dass es „Gangnam Style“ heißt, das Wort „Gangnam“ hatte sie allerdings durch „Deutschland“ ersetzt. Die Antwort war ein deutliches: „Du verhältst Dich gerade sehr typisch für Dein Land.“
In meiner Bio-Kiste ist ein toter Schmetterling. Der Schmetterling hat keinen Kopf mehr. Ich habe das schon oft gesehen, dass bei toten Insekten die Teile, hinter denen sich organisches Gewebe befindet, zuerst sehr fragil werden und dann bei kleinsten Erschütterungen einfach zerbrechen, während andere Teile äußerst stabil sind und dem Lauf der Zeit trotzen. Bei Menschen ist es ja im Grunde auch so, nur besser nach innen und außen sortiert und ohne Zerbrechen.
Ich stehe genau dort, wo die Funken landen. Das Osterfeuer ist riesig, dummerweise hat man offenbar trockene Zweige angezündet, was die Anzahl der Funken massiv erhöht. Es ist dunkel und das alles sieht wirklich wunderschön aus. Statt den Standort zu wechseln lege ich den Kopf in den Nacken und gucke in die Richtung des glühenden Regens, der aus dem Himmel in meine Richtung fällt. Ein Funke landet auf meiner Nase, dort habe ich jetzt eine kleine rote Stelle, die aber langsam schon wieder verblasst.
Wenn man Aufmerksamkeit haben will, dann reicht der einfache Trick, ein Battle-Rapper zu werden. Tape Deinen Kopf wie ein Boxer seine Hände und zerleg ein paar Texte von anderen Autoren, die viele Leser haben. Noch leichter ist es nur, das Fernsehen oder „die Medien“ anzugreifen. Leider ist es auf Dauer auch ziemlich ermüdend und man hat am Ende selbst überhaupt nichts geschaffen, dass von Belang wäre, sondern nur dumm rumgemeckert. Oppa Deutschland Style.