Briefing (XIX)
Hey Canon,
das ist ja dieses mal schlechter als nur suboptimal gelaufen mit uns. Ich hatte mir in den letzten Wochen gedacht: Wenn ich schon so viel arbeite wie in letzter Zeit, dann gönne ich mir doch mal was richtig Teueres von meiner Lieblingsmarke und habe mir die neue EOS 50d bestellt, die auch promt per Expresslieferung eintraf (normalen Postsendungen vertraue ich aus gewissen Gründen ja nicht mehr wirklich). Die Kamera schien auf dem Papier perfekt für meine hohen Ansprüche: 15 Megapixel, optional ISO bis 12.800, 6 Bilder pro Sekunde und das bis zu 90 Aufnahmen in Folge. Ein echtes High-End-Monster von einer digitalen Spiegelreflex.
Als das Teil dann am Samstag ankam und ich erst am Abend ausführlicher Zeit hatte, mich damit zu beschäftigen, war ich auch noch total zufrieden: Knackscharfe Bilder mit dem eingebauten Blitz, Fokus extrem schnell, passte eigentlich alles. Aber am nächsten Tag, beim Outdoor-Test mit ISO400 und höher folgte dann schnell die Ernüchterung: Nicht, dass die Bilder schlecht ausgesehen hätten. Aber in der 100%-Ansicht zeigten sie doch alle Mini-Verwacklungen und/oder sahen recht weich aus, das Rauschen, das mich deutlich an Filmkorn erinnerte war zum Teil auch deutlicher als bei meiner inzwischen schon fast drei Jahre alten EOS 350d und zwar nicht erst bei hoher Lichtempfindlichkeit. Ich habe dann diverse Testbilder gemacht und festgestellt: Ja, das ist nicht nur eine subjektive Sache und nein, ich bin nicht plötzlich zu dumm zum Photographieren. Die Bilder von meiner alten Kamera, einfach hochskaliert auf 15 Megapixel sahen schlicht besser aus. Wozu dann aber so viel Geld ausgeben?
Drüben, im DSLR-Forum reichten die Aussagen in dem inzwischen auf mehr als 200 Beiträge angewachsenen, von mir zu dem Thema eröffneten Thread dann von „Was denn? Ist doch superscharf“ über „15 Megapixel verwackelt man halt leichter“ bis hin zu „die 50d braucht halt teuere Linsen“. Wie es halt so läuft mit technikbegeisterten Amateuren in Internetforen, die sich für Experten halten. Ob meine Objektive (die sich alle im preislichen Bereich von 500 Euro bewegen) nicht hochwertig genug für die Kamera waren, kann ich nicht sagen, es mag sogar wirklich stimmen, aber wenn ich ein Bild von meiner alten Kamera einfach auf die gleiche Größe bringen kann (noch dazu ohne irgendwelche Spezialsoftware, sondern einfach nur vergrößern) und das deutlich besser aussieht als das Bild von der neuen Kamera, dann investiere ich mein Geld doch erstmal lieber anderweitig und sehe ein, dass der Megapixelwahn auch seine Schattenseiten hat. Wenn ich wirklich die schweineteueren L-Ojektive brauche, um den Sensor der 50d gut zu versorgen, dann ist sie für meine Zwecke jedenfalls völlig unbrauchbar. Aber vielleicht war speziell das Exemplar das ich erwischte auch nur ein sogenanntes “Montagsmodell”. Ich werde es irgendwann rausfinden. Derweilen ist das gute Stück jedenfalls wieder bei dem Online-Anbieter von dem ich es gekauft hatte und das Geld wieder auf meinem Konto. Dort wird letzteres eigentlich auch dringend gebraucht und derjenige, der die Kamera statt meiner kauft, wird sicher viele Jahre seine Freude damit haben, denn nicht jeder guckt so extrem kritisch auf seine Bilder wie ich.
Ich bleib Dir natürlich trotzdem treu, kommt ja doch keine Andere an Dich ran. Wird schon irgendwann wieder was mit uns, so kameramäßig. Aber die 50d war es wohl nicht,
Dein Sebastian