Briefing (XXIII)

Hey StudiVZ!

Meine absolute Hochachtung: Du schaffst doch tatsächlich das, was sonst niemand bei mir hinbekommt und bringst mich dazu, mal wieder in Die Irrlichterkette über ein Social Media-Thema zu bloggen. Versteh mich bloß nicht falsch: Ich beschäftige mich beruflich und privat jeden Tag mit Dir und Deinen schöneren Geschwistern, aber eigentlich wollte ich euch hier ja raus lassen, denn einerseits gibt es schon genug armselige Netzkreaturen ohne andere Talente, die über diesen ganzen Kram bloggen, andererseits hat das immer gleich so was unzeitloses, wenn man über flüchtigen Müll schreibt, der morgen schon wieder ganz anders ist. Chatroulette, Gowalla, Foursquare, Buzz, Pip.io, Google Wave und Co., so spannend und unterhaltsam sie zum Teil sind, waren deswegen hier nie wirklich ein Thema.

Dein neuester Coup, StudiVZ, lässt mir allerdings einfach keine Wahl: Deine Entwickler, die hinter den Kulissen wieder monatelang gebrainstormt und konzeptet haben, sind nämlich auf eine Superidee gekommen, die Du heute der Öffentlichkeit präsentiert hast: Man kann jetzt seinen Beziehungsstatus auf dem eigenen Userprofil mit der zweiten in der Beziehung befindlichen Person verlinken. Manche mögen dabei vielleicht auf den Gedanken kommen, dass Facebook selbige Option schon seit Jahrhunderten offeriert, aber diese Unkenrufer haben nicht mit der Originalität Deiner Ideenfinder gerechnet: Als ganz eigenes und innovatives Feature bietest Du nämlich tatsächlich an, dass man seinen Status auf „offene Beziehung“ stellen und sich dann mit mehreren Partnern  gleichzeitig in eine Beziehung hineinlinken kann. Die Anleitung dazu schreibst Du dick in die „Klartext“-Mitteilung zur neuen Funktion: „Du willst Dich nicht auf eine einzelne Person festlegen? Auch gut: Wähle den Status ‘offene Beziehung’ aus und verlinke Dich mit bis zu fünf Partnern“, steht da doch tatsächlich (Hervorhebung auf dem Screenshot von mir).

Eine absolut grandiose Funktion, dieses neue Promiskuitäts-Feature: So kann Ronny in Zukunft öffentlich kundtun, dass er mit Mandy, Jenny und mit Sandy schläft, und sich so gleichzeitig zum Affen wie zum großen Macker machen, Mareike, die gerade in einer schlimmen Beziehungkrise ist, linkt sich direkt zwischen die beiden von ihrer Verwirrung betroffenen Herzbuben, die sie ja irgendwie beide toll findet und Petra, das olle Emogirl, phantasiert sich, um ihre Zuneigung zu ihren Freundinnen zu präsentieren, gleich in offene Beziehungen mit ihrer kompletten Clique, denn irgendwie ist ja nur zwischen Mädchen echte Liebe, nicht?

Interessant ist übrigens auch, dass Du bei Deiner Schwesterseite SchuelerVZ die Beziehungsfunktion auch eingebaut hast, dort aber die Mehrfachverlinkung weglässt. Was sagt das eigentlich über Dich aus, StudiVZ? Was für ein Bild hast Du von Deinen Kernnutzern, den Studenten? Oder willst Du nur knallhart die Realität abbilden, die Schüler aber noch davor bewahren, bis sie alt genug sind, um auch mit mehreren Leuten gleichzeitig was am Laufen zu haben? Selbiges wäre natürlich ein höchst lobenswertes Anliegen, das ich hiermit voll und ganz unterstütze.

Aber jetzt mal im Ernst, StudiVZ: Ist Dir das eigentlich nicht selbst ein bisschen peinlich, wie Du Dich immer benimmst?

Ein bisschen um Deinen sonst so tadellosen Ruf besorgt:
Dein Sebastian.


Bloglichter (I)

Eine meiner Meinung nach sehr sinnige Aktion, ins Leben gerufen von Stylespion.de: „Ein Herz für Blogs“ (bzw.  „Ein ♥ für Blogs“) fordert dazu auf, unbekannte Weblogs kurz vorzustellen und weiterzuempfehlen. Dem schließt sich Die Irrlichterkette trotz eigener Unbekanntheit hiermit an, auch es normalerwiese nicht zu meinem Repertoire gehört, bei derartigen kurzlebigen Aktionen mitzumachen. Aus diesem Grunde denke ich auch darüber nach, die Sache zumindest hier zu einer regelmäßigen Kategorie werden zu lassen, wie von Whudat.de bereits vorgeschlagen wurde.

Hier sind drei Blogs, die ich regelmäßig lese und die meiner Meinung nach zu Unrecht vergleichsweise völlig unbekannt sind:

Hor.de

Ein Weblog, an dem man als literaturinteressierter Mensch nicht ohne Staunen vorbeikommen sollte. Manchmal komplex, manchmal seltsam minimalistisch und doch immer sehr prägnant bringt dort Dirk Schröder Gedanken, Kommentare und Gedichte. Und das alles auf eine Art und Weise, die man eigentlich nur liebenswert unkommerziell nennen kann.

Monkirebella

Dadaistische, hintergründige und einsichtige Poesie von Feinsten gibt es in schöner Regelmäßigkeit von der Autorin Elisa Theusner in einem Weblog zu lesen, das so andersartig und seltsam entrückt wirkt, dass man eigentlich nur noch staunen kann über den genial-eigensinnigen Umgang mit Worten und Gedanken, der bei Monkirebella gepflegt und gehegt wird.

ISO 800

Nicht wirklich häufig, aber doch mit beharrlicher Konsequenz und Kontinuität füllt Fabian Mohr sein Weblog ISO 800. Mit Bildern, Worten und neuerdings auch mit HD-Videos, die wie sich bewegende Photographien wirken. In seiner Gesamtheit bildet das Blog ein beeindruckendes Portfolio eines sehr auf stilvolle Ästhetik bedachten Autors.