Musikalische Fundstücke (XVII): The Smashing Pumpkins – ‘FOL’

Der neue Song der Smashing Pumpkins, betitelt ‘FOL’ (steht für ‘Feel Our Love’), exklusiv aufgenommen ausgerechnet für ein Werbevideo des Autoherstellers Hyundai kann hier gegen Bereitstellung der eigenen eMail-Adresse, die sicherlich nicht in einem Werbeverteiler landen wird, in mp3-Form kostenlos heruntergeladen werden. Aber es gibt ja zum Glück Dienste wie Trash-Mail.

Wer sich von der Aktion wenigstens einen tollen, neuen Rocksong der einst besten Alternative-Band der Welt erwartet, dürfte leider ebenfalls enttäuscht werden, denn im Gegensatz zu einigen nie veröffentlichten Songs aus der Zeit nach der sogenannten Re-Union, an der nur Billy Corgan und Jimmy Chamberlin beteiligt waren (genauer gesagt den Tracks ‘Gossamer’; ‘The March Hare’; ‘As Rome Burns’; ’99 Floors’ ; ‘A Song Of A Son’ und ‘I Am One II’), ist ‘FOL’ ein stinklangweiliger, öde vor sich hindudelnder Song mit nichtssagenden Lyrics, der sogar auf dem über weite Strecken desaströsen Album “Zeitgeist” negativ aufgefallen wäre. Ziemlich traurig, das.


Gute Band, schlechtes Album (I)

REM – „Around The Sun“
(2004/Rock)

Drei Jahre nach dem schon leicht schwächelnden Sommeralbum „Reveal“ war bei R.E.M. 2004 endgültig die Luft raus: „Around The Sun“ dudelt seicht und belanglos zum einen Ohr rein und direkt zum anderen wieder hinaus. Streckenweise stellt sich die Frage, wie Michael Stipe es schafft, so gelangweilt zu klingen und gleichzeitig so wenig erinnerungswürdige Melodien zu finden, denn einige der Songs scheint man direkt nach dem Anhören schon wieder vergessen zu haben. Wäre auf dieser Platte mit ‘Leaving New York’ nicht wenigstens ein starker Song enthalten, müsste man sie als komplettes Desaster bezeichnen. Zum schlechtesten REM-Album reicht es aber auch so. 3/10

Abschreckendes Beispiel: ‘Make It All Ok’ (hier).

Satyricon – „Now, Diabolical“
(2006/Black Metal)

Satyr (bürgerlich Sigurd Wondgraven) verwirft alle vorherigen Überlegungen zum elitären und einzigartigen Genre Black Metal und spielt nur noch simple Black ‘n’ Roll-Riffs, zu denen er eingängige Zeilen wiederholt. Man könnte fast glauben, er wolle Hits schreiben. Verübeln kann man es ihm nicht, war der geniale Rocker ‘Fuel For Hatred’ des Vorgängeralbums „Volcano“ doch ein paar Jahre vorher in aller Ohren. Erzwingen aber kann man einen solchen Song nicht und so verliert sich das Satyricon-Album „Now, Diabolical“ In Substanzlosig- und Oberflächlichkeit, die weit entfernt vom klirrenden Schwarzmetall der frühen Tage oder dem radikalen und avantgardistischen Industrial-Black Metal von Rebel Extravaganza“ ist. 3/10

Abschreckendes Beispiel: ‘K.I.N.G.’ (hier).

Nine Inch Nails – „With Teeth“
(2005/Industrial-Rock)

Der bewusste Verlust der Ausnahmestellung: Waren Trent Reznors Nine Inch Nails vor diesem Album eine Band, die nur alle fünf Jahre ein grandiose Veröffentlichung auf den Markt brachte, begann mit dem radio- und alternative-freundlichen „With Teeth“ ein klein bisschen der Ausverkauf. Man merkt diesem Album an, wie sehr Reznor endlich in die Indie-Discos und die Rock-Charts will, die Nine Inch Nails, vorher kompromisslose Industrial-Rocker, klingen hier stellenweise wie die Foo Fighters, freilich ohne guten Gesang eines Dave Grohl. Die Fratze des Mainstream-Rock (oder schlimmer: das, was Reznor dafür hält) lugt um die Ecke, und auch wenn es ein paar gute Tracks auf der Platte gibt, ist sie insgesamt doch das Gegenteil ihres Titels: ziemlich zahnlos. 5/10

Abschreckendes Beispiel: ‘The Hand That Feeds’ (hier).


Listenwahn (III): Spannendste Black Metal-Veröffentlichungen 2009

1. Thorns – „tba.“ (VÖ: Erstes Quartal)
2. Wolves In The Throne Room – „Black Cascade“ (VÖ: Ende März)
3. Immortal – „tba.“ (VÖ: Unbekannt)
4. Shining -„VI / Klagopsalmer“ (VÖ: Unbekannt)
5. Borknagar – „tba.“ (VÖ: Ende Januar)


Musikalische Fundstücke (XVI): Bushido und der Melodie-Klau

Die schon seit einiger Zeit bekannte Geschichte mit den unerlaubten Melodien (manche sagen auch wertender „Plagiate“ dazu) von zwei Metal-Bands in den Songs des Gangsta-Rappers Bushido (bürgerlich Anis Mohamed Youssef Ferchichi), die sogar der Bild schon eine recht reißerische Schlagzeile wert war („Satanisten-Rocker klagen: Bushido hat uns beklaut!“) hat es jetzt auch zu Spiegel TV geschafft. In dem recht sehenswerten Bericht wird sehr deutlich, dass sich Bushido mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehrfach bei den norwegischen Black-Metallern Dimmu Borgir und der französischen Gothic-Band Dark Sanctuary bedient hat. Spiegel TV hat sich sogar die Mühe gemacht, nach Norwegen zu fliegen und den Gitarristen Silenoz (bürgerlich Sven Atle Kopperud) und den den Keyboarder Mustis (bürgerlich Øyvind Johan Mustaparta) von Dimmu Borgir zu dem Thema zu interviewen, die sich beide als recht intelligente Burschen entpuppen.

Zwei Worte zu der Sache an sich: Natürlich gehört Sampling genau so sehr zum Genre HipHop wie Power chords zum Metal, das ist gar keine Frage. Aber zum einen ist es eine Selbstverständlichkeit, bei der Verwendung eines Samples bei der entsprechenden Plattenfirma die Rechte einzuholen und einen entsprechenden Betrag dafür zu bezahlen, zum anderen ist die komplette Eins-zu-Eins-Übernahme von Melodien weit mehr als nur ein Sample. Im Grunde bilden die Melodien der beiden Bands, um die es geht, nämlich das komplette Fundament der entsprechenden Bushido-Songs. Videos mit genauen Vergleichen der Songs gibt es auf youtube zuhauf, es wäre müßig, darauf im Einzelnen zu verlinken.


Shortreviews (I)

Anders Thomas Jensen – „Adams Äpfel“ (Film; 2005)

„Adams Äpfel“ ist in seinem Kern ein Film über das Gute, das immer über das Böse siegt, ein flammendes Plädoyer für den Optimismus in jeder noch so auswegslosen Situation. Tolle Bilder, große Symbolik, schräger Humor, ständiges Hinterfragen der Perspektive ohne viel äußere Handlung. Selbst die nur als Vehikel für die Botschaft benutzte Religion passt perfekt in diesen Film von beinahe literarischer Qualität. 9/10

Kevin Smith – „Chasing Amy“ (Film; 1997)

Regisseur Kevin Smith aka Silent Bob ist Experte für diese Art von Filmen: Die vielleicht nerdigste Tragikomödie aller Zeiten glänzt mit skurrilen Situationen, liebenswerten Figuren und verdammt vielen sexuellen Anspielungen. Anders als sonst: Hier wird dennoch eine große Liebesgeschichte nahtlos eingebaut und mit viel Gespür für richtiges Timing inszeniert. Trotzdem: Ben Affleck hätte wirklich nicht sein müssen. 8/10

Scott Weiland – „Happy In Galoshes“ (Musik:Album; 2008)

Nach dem Ausstieg bei der Supergroup Velvet Revolver versucht es Scott Weiland zum zweiten Mal alleine. Und macht gleich mal ein Doppelalbum. Das Problem dabei: Das Album ist höchst durchwachsen, stilistisch uneindeutig, es wirkt zerfahren, das Ganze, qualitativ pendelt das Niveau zwischen hochwertig und lauwarm. Ein roter Faden ist nirgendwo in Sicht, dafür ein paar gute Songs. Das reicht aber nicht. 5/10


Review: John Frusciante – “The Empyrean”

Kürzlich, in einem Interview mit einer Musikwebseite zu dem Album, um das es hier gehen soll, ließ John Frusciante ganz beiläufig eine Bombe platzen: Auch nach über einem Jahr Pause hätten die Red Hot Chili Peppers momentan keinerlei gemeinsame Zukunftspläne. Der durchschnittliche Musikkonsument schlägt bei dieser Meldung die Hände über dem Kopf zusammen, der Kenner freut sich im Stillen, ist es doch ein offenes Geheimnis, dass die musikalische Qualität von Frusciantes Soloalben schon seit fast zehn Jahren weit, weit über der seiner Hauptband liegt, die, von ein paar Ausnahmen (‘Zephyr Song’) mal abgesehen, nur noch substanzloses, radiokompatibles Gedudel fabriziert.

Frusciantes zehntem Soloalbum „The Empyrean“ gelingt hingegen das Kunststück, sein reifstes und sein experimentellstes Album zugleich zu sein. So lange Songs gab es noch nie, ein solch (in sich, versteht sich) geschlossenes Konzept hatte er noch nie und noch nie gab er sich sich ausführlich tatsächlich psychedelischen (und nicht nur atonalen, wie auf seinen frühen Platten) Passagen hin wie auf „The Empyrean“. Diese Songs sind nicht einfach bei einigen Jam-Sessions aus dem Ärmel gefallen, sie wurden mit viel Mühe ausgearbeitet und arrangiert, das ist vielleicht der am deutlichsten hörbare Unterschied zu den Vorgängeralben. Sie enthalten deutlich mehr Instrumentierung, Flea ist am Bass dabei, irgendwo auch der Ex-Smith Johnny Marr als zusätzlicher Gitarrist, viele elektronische Elemente und, ab der zweiten Hälfte, fügen sich auch noch eine Menge Streicher- und Klavierarrangements zu einen dennoch homogenen Gesamtsound zusammen. Gleichzeitig aber, und das muss man deutlich festhalten, sind hier richtig große Songs enthalten. Diese beiden Pole des Albums, die komplexen Arrangements und die Songfixierung werden gleich zu Beginn abgesteckt, wenn ‘Before The Beginning’, ein neunminütiger Instrumental-Track, und die vergleichsweise eher spärliche Coverversion vom Tim Buckleys ‘Song For The Siren’ das Album eröffnen. Danach folgt ein bunter, trippiger Wald aus purer Melodie, der von dem schon bekannten ‘Unreachable’ über das vielschichtige ‘Central’ bis hin zum besten Song der Platte mit dem bezeichnenden Titel ‘God’ reicht. Stellenweise verheddert sich die illustre Truppe um John Frusciante (dabei sind außer Flea und Marr noch Josh Klinghoffer, die New Dimension Singers und ein paar andere Musiker) zwar auch schon mal ein bisschen in ihren Ambitionen, was vor allem außerhalb des Kontext dieses Albums eher peinlich wirken dürfte (das richtig surreale ‘Dark/Light’ gleitet von einem orchestralen, mit Klavier untermalten Track in ein elektronisches Loop, bei dem John mit Kopfstimme engelsgleich seine Melodien intoniert), und bei manchen Songs würde man doch zu gerne die Version nur mit John an der Gitarre und ohne die Tonnen von Sphärenklängen hören, aus der Innenperspektive sind jedoch keine logischen Fehler zu verorten.

„The Empyrean“ ist insgesamt sicherlich nicht das stärkste John Frusciante-Album geworden (das bleibt weiterhin das spontan-depressiv-großartige „The Will To Death“), der bisher eigentlich immer vor allem dann glänzte, wenn er seine vielen, vielen Ideen möglichst unbearbeitet auf CD bannte, aber man sollte dieses Album, das aufgrund seiner relativ aufwendigen Struktur einige Zeit braucht, um zu wirken, keinesfalls unterschätzen: Wenn sich die Welt von „The Empyrean“ dem Zuhörer erst einmal geöffnet hat, dann wirken die vermeintlich spärlich gesäten Hits des Albums  plötzlich nur noch wie die Einstiegstracks in eine faszinierende, andere Seite von John Frusciante, die uns einen Musiker zeigt, der noch verdammt viel mehr Ambitionen zu haben scheint, als einfach nur ein paar eigene Songs aufzunehmen. Am Ende passt der Tim Buckley-Song dann nämlich doch noch perfekt zu diesem Album.

7/10 Punkten.


Side note: Ärgerlich: Lediglich die Japaner bekommen beim Kauf des Albums gleich zwei zusätzliche Tracks: ‘Today’ und ‘Ah Yom’, die nur den Titeln nach wie b-Seiten klingen, sich in Wahrheit aber doch recht gut in den Fluss dieser Platte integrieren. Amazon.com hat den Japan-Import für nicht wirklich kundenfreundliche 35 Dollar im Programm.


Musikalische Fundstücke (XV): Velvet Cacoon – Letztes Album

Es ist verdammt schwer, irgendwelche vernünftigen Infos zu Velvet Cacoon zu finden, einer der wohl mysteriösesten Bands aller Zeiten, deren Mitglieder (vielleicht ist es auch nur eine Person namens Josh) noch bis vor einigen Jahren permanent Gerüchte über angebliche Veröffentlichungen streuten, die es nie gab, deren Frontmann (eben jener Josh, der aber auch schonmal unter anderen Pseudonymen firmiert) extrem öffentlichkeitsscheu ist, und, wenn er mal eines seiner seltenen Interviews gibt, zum Teil absichtlich lügt wie gedruckt. Es gehört alles zum Mythos von Velvet Cacoon, genauso wie die Tatsache dass die einzige richtige Veröffentlichung (daneben gibt es noch eine Compilation, eine wiederaufgelegte Platte aus dem Frühwerk, ein paar Demos und einige Fake-Alben, die von Fans erstellt wurden, die auf den “Wir-vewirren-absichtlich-die-Leute”-Zug aufspringen wollten) “Genevieve” aus dem Jahre 2004 zu den seltsamsten, entrücktesten und schönsten Black-Metal-Alben zählt, die jemals aufgenommen wurden (wenn man die Band denn überhaupt diesem Genre zurechnen kann, was aber wieder ein ganz anderes Thema ist).

Der Nachfolger dieser Platte, betitelt “P aa opal Poere Pr. 33″ ist, nach langjähriger Arbeit, nun endgültig zu den Akten gelegt worden, wie Josh (aka SVG aka gral) vor einiger Zeit im Forum des Labels Full Moon Productions verkündete. Dennoch wurde von Seiten des Labels in eben jenem Forum der noch nicht gemixte Vorabtrack ’2′ veröffentlicht. Josh selbst stellte außerdem einige Zeit später die kompletten Gitarrenspuren aller Songs des Albums, das aus schwer nachvollziehbaren Gründen nicht mehr das Licht der Welt erblicken wird, zum Download bereit, was selbstverständlich für neuerliche Verwirrung unter den Fans sorgte.

Die letzte richtige Veröffentlichung von Velvet Cacoon wird nun ein Doppelalbum mit dem Namen “Atropine”, welches aber vorwiegend aus elektronischer Avantgarde-Musik bestehen soll. Da bei dieser seltsamen Band allerdings nichts so einfach wie bei allen anderen Bands ist, wurde die Veröffentlichung von “Atropine”, die für Nov/Dec 2008 geplant war, neuerdings verschoben, dafür kann man wenigstens das Video zu einem der Tracks namens ‘Nightvines’ bei youtube bestaunen. Musikalisch spricht dabei allerdings erstmal nichts für einen großen Wurf.


Ten Years After (II): Björk

Schon zehn Jahre ist es her, dass die fünfte Single ‘All Is Full Of Love’ von Björks drittem Album “Homogenic” der Isländerin ihren bis heute noch immer größten Hit bescherte. Es wirkt vom künstlerischen Standpunkt aus fast wie Sarkasmus, dass ausgerechnet dieser Song so erfolgreich wurde, denn der Track ist weit eingängiger als der Rest ihrer oft radikal avantgardistischen Pop-Musik, die seit der ersten internationalen Single ‘Human Behaviour’ aus dem Jahr 1993 nichts von ihrem eigenwilligen und originellen Faszination verloren hat. Ohne Björk wüssten wir wohl bis heute nicht, wie Pop-Musik klingen könnte, wenn man nicht ständig nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner suchen würde. Die Videos zu den beiden genannten Songs suchen sowieso ihresgleichen, wie man hier und hier nachprüfen kann.


Listenwahn (II): Die größten musikalischen Enttäuschungen 2008

1. R.E.M. – “Accelerate”
2. Slipknot – “All Hope Is Gone”
3. The Cure – “4:13 Dream”
4. Nine Inch Nails – “The Slip”
5. Metallica – “Death Magnetic”
6. Filter – “Anthems For The Damned”
7. Travis – “Ode To J. Smith”
8. Dirty Pretty Things – “Romance At Short Notice”
9. Portugal.The Man – “Censored Colors”
10. Minus – “The Great Northern Whalekill”


Listenwahn (I): Best Of 2008

1. Portishead – “Third”

Die (Mit-)Erfinder des TripHop haben sich zehn Jahre Zeit genommen, um ihr drittes Album zu schreiben. Es hat sich gelohnt, denn heraus kam mit “Third” die perfekte Endzeitplatte für das Ende der 00er. Ein großartiger, futuristischer, düsterer, gleichzeitig elektronisch wie akustischer Trip in die Psyche von Beth Gibbons und Co., der wieder einmal die Ausnahmestellung dieser englischen Band namens Portishead klarmacht, die sich bisher noch keinen einzigen Fehltritt erlaubt hat.

Anspieltipp: ‘The Rip’ (hier).

2. Amanda Palmer – “Who Killed Amanda Palmer?

Die Dresden Dolls sind (vielleicht) Geschichte, aber Amanda Palmer zeigte uns, dass sie es auch alleine kann. Und wie: “Who Killed Amanda Palmer?”, zu großen Teilen nur aus ihr und ihrem Klavier bestehend, ist wahrscheinlich die beste und intimste Songwriterplatte des Jahres, auch wenn die Songs längst nicht mehr so eingängig sind wie zuvor, sondern von zum Teil tiefschwarzem Humor, Depression und Wut getrieben.

Anspieltipp: ‘Astronaut’ (hier).

3. Guns N’ Roses – “Chinese Democracy”

Eigentlich hat so gut wie niemand mehr daran geglaubt, dass dieses Album wirklich noch das Licht der Welt erblickt, aber dann, Ende November, ging alles ganz schnell: Ohne viel Promotion, ohne Video, ohne großen Wirbel. Die Musik spricht für sich: “Chinese Democracy”, der größenwahnsinnige, überladene, vierzehn Jahre dauernde Ego-Trip von Axl Rose und zig hochklassigen Musikern, der 14 Millionen Dollar an Produktionskosten verschlungen haben soll, setzt Maßstäbe. Und hat, und das ist viel wichtiger, auch verdammt gute Songs an Bord, die sich mit den alten Klassikern messen können.

Anspieltipp: ‘Better’ (hier).

4. The Verve – “Forth”

Schon zum zweiten Mal wiedervereint präsentierten sich Richard Ashcroft und Co. in diesem Jahr mit einem neuen Album, das alles andere als mit offenen Armen empfangen wurde. Es ist kein zweites “Urban Hymns” geworden, dieses dem Coverbild entsprechend über allen Wolken schwebende “Forth”, ganz im Gegenteil: The Verve verweigern sich jeden Erwartungen, schreiben psychedelische, leichtfüssige Songs, die eher einer Jam-Session gleichen und treffen damit genau ins Schwarze. So sollte Brit-Pop im Jahr 2008 klingen.

Anspieltipp: ‘Valium Skies’ (hier).

5. The Mars Volta – “The Bedlam In Goliath”

Der kreative Wahnsinn der Progressive-Rock-Maniacs geht weiter: Bereits das vierte Album in fünf Jahren konnten 2008 The Mars Volta präsentieren. Und “The Bedlam In Goliath” steht den Vorgängern kaum nach, auch wenn es wieder etwas mehr Wert auf Songs legt und keine 30-minütigen Ausflüge in die Improvisationskunst mit Saxophon und Gitarren mehr enthält, sondern ‘nur’ noch durchschnittlich sieben Minuten lange Tracks, die dennoch mehr Ideen enthalten als manch andere Bands in ihrer ganzen Karriere vorweisen können.

Anspieltipp: ‘Goliath’ (hier).

6. Ihsahn – “angL.”

Endlich klingt Ihsahn, früher der Kopf der wohl besten, weil klischeefreien und experimentellen, aber dennoch sehr gitarrenorientierten Black Metal-Band Emperor, wieder wie in alten Zeiten: Es schnurren die charakteristischen Leads, atonale Soli wechseln sich auf “angL.” ab mit gezupften Parts und dann tritt auch noch der Opeth-Sänger als Gast auf. Das passt, denn Ihsahn wirkt 2008 sehr wie eine schwarzmetallische Variante eben dieser Band. Vor allem qualitativ.

Anspieltipp: ‘Unhealer’ (hier).

7. Why? – “Alopecia”

Dass man HipHop weitab vom Mainstream auch als Kunstform zelebrieren kann, beweisen seit inzwischen über zehn Jahren die Künstler des amerikanischen Labels anticon.. Ein weiteres Highlight in deren Programm erschien im Jahre 2008: “Alopecia”, das zweite Album von Why?, lässt den unbedarften Zuhörer fast vermuten, dass HipHop seine Wurzeln eigentlich in der Countrymusik und dem Folk haben müsste, so genial werden hier die Stile vermischt. Abstract HipHop at it’s best.

Anspieltipp: ‘The Hollows’ (hier).

8. Wolves In The Throne Room – “Two Hunters”

Auch in einem vermeintlich extrem konservativen Genre wie dem Black Metal bewegt sich von Zeit zu Zeit etwas: 2008 stand dafür vor allem die junge Band Wolves In The Throne Room, deren zweites Album es sogar bis zu Spiegel Online geschafft hat. Zu Recht, denn derart majestätisch, zeitgemäß (deutliche Post-Rock-Einflüsse sind in den nur fünf langen Songs von “Two Hunters” zu hören) und mit so viel Leidenschaft zugleich wurde diese Musik lange nicht mehr performt. Und das auch noch von Amerikanern statt in dunklen Wäldern hausenden Norwegern. Skandalös gut.

Anspieltipp: ‘I Will Lay Down My Bones Among The Rocks And Roots’ (hier).

9. The Gutter Twins – “Saturnalia”

Post-Grunge, wie man ihn besser kaum machen kann, brachte in diesem Jahr wieder einmal der Seattle-Veterane Mark Lanegan auf den Markt, sogar mit einer neuen Band im Gepäck, die er zusammen mit Greg Dulli ins Leben rief: Die Gutter Twins sind so etwas wie der düstere, pessimistische, zynische Abgesang auf Pearl Jam, Nirvana, Alice In Chains und Co. Und huldigen auf “Saturnalia” gleichzeitig musikalisch eben jenen Größen der 90er. Intensiv.

Anspieltipp: ‘Idle Hands’ (hier).

10. Fleet Foxes – “Fleet Foxes”

Der nächste Schritt zum 60s-FolkPop-Revival. Die Fleet Foxes liefern das Debütalbum des Jahres: Groß konzipiert, aufwendig inszeniert und doch mit einer Leichtfüssigkeit performt, die eigentlich nur Simon & Garfunkel erreichten, mit Melodien, die einem wie Neil Young Konkurrenz machen. Die Songs von “Fleet Foxes”, die die Band scheinbar locker aus dem Ärmel schüttelt, klingen dabei fast, als wären sie zeitlose Klassiker. Ohne, und das ist die eigentliche Kunst, dabei wie Plagiate, Zitate oder veraltet zu wirken.

Anspieltipp: ‘White Winter Hymnal’ (hier).

Honorable Mentions:

Opeth – “Watershed”, Oasis – “Dig Out Your Soul”; Nick Cave & The Bad Seeds – “Dig, Lazarus, Dig!!!”; Cynic – “Traced In Air”; Lightspeed Champion – “Falling Off The Lavender Bridge”; Buckethead – “Albino Slug”; Vampire Weekend – “Vampire Weekend”; Madrugada – “Madrugada”; Cavalera Conspiracy – “Inflikted”


Musikalische Fundstücke (XVIII): Christmas In The Stars

Ein besonders bizarres Funstück: Die allererste professionelle Gesangsaufnahme von Jon Bon Jovi, damals noch unter seinem bürgerlichen Namen Jon Bongiovi, findet sich auf einem Song des höchst obskuren und von Fans vielgesuchten Star-Wars-Weihnachtsalbums namens “Christmas In The Stars” aus dem Jahr 1980. Jon singt in dem Track die Leadstimme des Chors.

Anzuhören ist ‘R2-D2, We Wish You A Merry Christmas’ hier.


Musikalische Fundstücke (XVII): Alben-Cover als Pixel Art

Kein wirkliches Fundstück, sondern ein von mir ins Leben gerufenes Projekt, dass sich bereits reger Beteiligung erfreut: Wer will, der darf hier sein Lieblingsalbumcover als Pixel Art hinzufügen. Sofern er denn dazu in der Lage ist, das halbwegs vernünftig umzusetzen. Einfach auf “ein Bild dazumalen” klicken :).

/edit (15.12.): Wahnsinn! Das Album ist bereits fast voll. HIER gehts weiter. Und hier ist der offizielle Diskussionsthread zu der Aktion.


Musikalische Fundstücke (XVI): Rateyourmusic

Die Webseite rateyourmusic.com ist ein Muss für jeden ernsthaften Musik-Freak: Man katalogisiert, taggt, verwaltet und bewertet dort seine Alben. Und das führt nicht nur zu einer recht übersichtlichen, leicht zu bedienenden und mit vielen verschiedenen Kategorien filter- und darstellbaren Übersicht über die eigene Sammlung und den eigenen Geschmack, sondern man trägt damit auch gleich zu einer volldigitalen Kanonbildung bei, die sich als erstaunlich brauchbar entpuppt. Die Best-Of-Jahreslisten (hier beispielhaft für das Jahr 2000) und Best-Of-Jahrzehntlisten (hier für die 90er) von RYM gehören jedenfalls zu den geschmackvollsten und treffendsten, die ich jemals gesehen habe. Und das sagt jemand, der ein unheilbarer Listen-Fetischist ist.

Mein Account auf RYM findet sich hier (auf „Ratings“ klicken für eine gute Übersicht meiner Wertungen). Allerdings bin ich, trotz des Eintrags von bereits über 550 Alben noch nicht wirklich in der Nähe einer vollständigen Katalogisierung meiner Musik. Das wird noch einige Zeit dauern.