Instant Poetry (CLXIII)

Laß zu.

aber Linderung, bei des Sanges Lust
und bang aus vielen Jahren!
Wie elend war – bei Fluß und Stern -
meine Scham, so bald will ich wieder ziehen.

Zu teuer ich dieses Nähe gesehen:
Die gab; Und ihr Lieben läßt jenen singen.
Leichtschwebend fühlte sich, wie das Höllenfeuer liebt;
wunderlich, nah, weiß, ein Dunst, er schreitet.
Keine weicht mich in diesem fernen Kloster,
für Menschenohren sind das fern funkelnde Himmel
und ergraut doch ein Chorlied eine Trennung.

Libanon der Pomeranz;
Verschlossen, wie Hohn ein Ende,
Führ mich ohne Rat!
Jubelnd ihm welch Glück bist,
Er fühlet was zu Sternen in Herz.
Euch lose, wie Stein drauf fällt?
Er konnt er dann hell aber ruhn?

Laß den auf ewig zu.


Instant Poetry (CLXII)

Zwischen Vöglein krächzen Raaben:
Stürzt sie nieder, drei um hundert!
Steine fliegen, Federn bluten,
wenn Geliebte töten können.


Xmascontent (III)

Eine surreale Weihnachtscollage

Last one of 24 advent collages. Some more can be found here. Merry Christmas, everyone.


Xmascontent (I)

Wache Träume,
Glaubenswelt.
Schlafe wachsam,
unter Sternen.


Alt, aber jung.

Laub und Veilchen sind geboren,
aus Ängsten, bin vergnügt,
alle Keime sind mein Sterben,
mir verjüngt sich lustig hin.


Projekt: Adventscollagender

Vierundzwanzig kleinesüßeschnelle 5-Minuten-Seltsamkeiten aus der dadaistischen Collagenfabrik für jeden Tag bis Weihnachten möchten im Twitpicland abgeholt werden. Mmmjam.


Instant Poetry (CLXI)

Ich fand mich sitzen, liegen, stehen
an des Felsens Quelle,
am letzten Abend des Novembers: Irgendwo im Nirgendland.

Jetzt wird alles wieder ganz gewöhnlich,
denn es ist endlich kein November mehr.

Zum Glück.


Instant Poetry (CLX)

Geständnis:
Ich habe Werther die Pistolen geliehen,
Shakespeare schlicht erfunden
und auch noch René Descartes vergiftet.


Projekt: Zettelpoesie Reloaded.

“Die Welt muss romantisiert werden. So findet man ihren ursprünglichen Sinn wieder. Romantisieren ist nichts als eine qualitative Potenzierung. Das niedere Selbst wird mit einem besseren Selbst in dieser Operation identifiziert. So wie wir selbst eine solche qualitative Potenzenreihe sind.”Novalis, Fragmente.

Der Plan:

Ich drucke mir ganz viele kleine Zettel aus. Mit meinen Gedichten drauf. Ich verteile diese Zettel in der Stadt, ich werfe sie nicht irgendwo hin, ich versuche, sie so zu platzieren, dass man sie finden kann. Und wird.

Die Frage:

Warum tut der Sebastian denn sowas?

Die Antwort für jedermann, ganz ohne Literaturgeschichte und Kunsttheorie:

DIE WELT MUSS RE-POETISIERT WERDEN!

Kunst und insbesondere Lyrik nehmen in unserem pragmatischen, verbachelorisierten und auf Effizienz ausgerichteten Alltag nicht nur keinerlei relevante Stellung mehr ein, sie haben überhaupt keinen Platz mehr. Kunst wurde in Museen verbannt, Lyrik in muffige Deutschstunden. Versuchen Sie mal, mit einem Verlag ernsthaft über die Veröffentlichung eines Gedichtbandes zu reden. Die lachen sie aus. Das Wunderbare hat keinen Platz mehr in der Realität, Verwendung findet nur noch das Zweckmäßige in möglichst knackigen Schlagzeilen, die populäre fiktionale Literatur wird von dümmlich-kitschigen Historienthrillern dominiert, die inhaltlich und sprachlich auf 800 Pages zum Turnen leerer sind als eine einzige Seite KafkaNietzscheMusilPynchonCelan und das nicht mal maßlos, sondern nur ein klein wenig übertrieben, die Lyrik ist zu einem Schimpfwort verkommen für Tagebuch-Emo-Kitschtextzeilen, geschrieben von pubertierenden Mädchen, die Herz auf Schmerz reimen.

Das muss aufhören und das Wunderbare wird hiermit wieder Teil des Alltags. Die Leute kommen nicht zur Kunst, also kommt sie jetzt zu ihnen. Zumindest dort, wo ich mich aufhalte und weil eben sonst niemand anfängt, fange ich erneut damit an und drucke mir Hunderte winzige Zettel mit eigenen Gedichten, die ich zukünftig wieder überall dort hinterlasse, wo ich die Gelegenheit dazu habe: In Supermärkten zwischen Schokoladentafeln. Hinten, in der Kapuze von dem Typen, der in der Schlage vor mir steht. Drüben in der Parkzettelmaschine. Vorne, an der Bar von dem netten Irish Pub. Im Keller auf dem Zählerkasten. Unter dem Tisch. In den Ritzen der Winkel des Hauses, an dem ich vorbeigehe, auf dem Dach, in der U-Bahn gleich überall, im Aufzug und auch am Strand. Im Bienenkasten, drüben auf dem Erdtrabanten, hinter sieben Ecken, im Briefkasten der schlimmsten Winkeladvokaten, bei McDonalds auf dem Klo, an der Tanke beim Staubsauger, auf den fluffigsten Quellwolken, in den schlimmsten Yuppiebars, den schnieksten Ausstellungen von Dalí und vielleicht gehe ich sogar extra mal ins Rathaus.

Eine Bitte:

Falls Sie einen der Zettel finden oder gefunden haben: Schreiben Sie mir doch bitte in einer kurzen eMail an raventhird(at)gmail.com, welchen der Zettel Sie wann und wo entdeckt haben und was Sie sich dabei dachten, oder hinterlassen Sie einen entsprechenden Kommentar unter diesem Artikel. Es würde mich sehr freuen, zu hören, was aus meinen Gedichten geworden ist. Danach können Sie den Zettel auch gerne wieder aussetzen oder ihn abschreiben (bitte mit dem Link), hundertfach ausdrucken, kopieren und die Zettelgedichtaktion so fortsetzen.


Instant Poetry (CLIX)

Um sehnsuchtsleere Träume
weht ein ganz besondrer Wind.
Eingehüllt in Gitterstäbe des Verlangens
kommst Du nämlich niemals nirgends an.


Instant Poetry (CLVIII)

Ewig nach verbrauster Jugend schielend:
Er schien mir doch ein armer Hund, der Kerl.


Instant Poetry (CLVII)

Inventur im Lyriklager:
Nur abgeranzte Metaphorik,
arg angestaubte Wortfeldreste,
zu kurze Hypotaxen
und ein paar kaputte Schüttelreime.


Instant Poetry (CLVI)

Zerfetzte Worthülsen, Konsonantenreste und zwei Reime, partnerlos:
Gestern Lyrikparty, Dresscode: Zeugmafarben.