Review: John Frusciante – “The Empyrean”

Kürzlich, in einem Interview mit einer Musikwebseite zu dem Album, um das es hier gehen soll, ließ John Frusciante ganz beiläufig eine Bombe platzen: Auch nach über einem Jahr Pause hätten die Red Hot Chili Peppers momentan keinerlei gemeinsame Zukunftspläne. Der durchschnittliche Musikkonsument schlägt bei dieser Meldung die Hände über dem Kopf zusammen, der Kenner freut sich im Stillen, ist es doch ein offenes Geheimnis, dass die musikalische Qualität von Frusciantes Soloalben schon seit fast zehn Jahren weit, weit über der seiner Hauptband liegt, die, von ein paar Ausnahmen (‘Zephyr Song’) mal abgesehen, nur noch substanzloses, radiokompatibles Gedudel fabriziert.

Frusciantes zehntem Soloalbum „The Empyrean“ gelingt hingegen das Kunststück, sein reifstes und sein experimentellstes Album zugleich zu sein. So lange Songs gab es noch nie, ein solch (in sich, versteht sich) geschlossenes Konzept hatte er noch nie und noch nie gab er sich sich ausführlich tatsächlich psychedelischen (und nicht nur atonalen, wie auf seinen frühen Platten) Passagen hin wie auf „The Empyrean“. Diese Songs sind nicht einfach bei einigen Jam-Sessions aus dem Ärmel gefallen, sie wurden mit viel Mühe ausgearbeitet und arrangiert, das ist vielleicht der am deutlichsten hörbare Unterschied zu den Vorgängeralben. Sie enthalten deutlich mehr Instrumentierung, Flea ist am Bass dabei, irgendwo auch der Ex-Smith Johnny Marr als zusätzlicher Gitarrist, viele elektronische Elemente und, ab der zweiten Hälfte, fügen sich auch noch eine Menge Streicher- und Klavierarrangements zu einen dennoch homogenen Gesamtsound zusammen. Gleichzeitig aber, und das muss man deutlich festhalten, sind hier richtig große Songs enthalten. Diese beiden Pole des Albums, die komplexen Arrangements und die Songfixierung werden gleich zu Beginn abgesteckt, wenn ‘Before The Beginning’, ein neunminütiger Instrumental-Track, und die vergleichsweise eher spärliche Coverversion vom Tim Buckleys ‘Song For The Siren’ das Album eröffnen. Danach folgt ein bunter, trippiger Wald aus purer Melodie, der von dem schon bekannten ‘Unreachable’ über das vielschichtige ‘Central’ bis hin zum besten Song der Platte mit dem bezeichnenden Titel ‘God’ reicht. Stellenweise verheddert sich die illustre Truppe um John Frusciante (dabei sind außer Flea und Marr noch Josh Klinghoffer, die New Dimension Singers und ein paar andere Musiker) zwar auch schon mal ein bisschen in ihren Ambitionen, was vor allem außerhalb des Kontext dieses Albums eher peinlich wirken dürfte (das richtig surreale ‘Dark/Light’ gleitet von einem orchestralen, mit Klavier untermalten Track in ein elektronisches Loop, bei dem John mit Kopfstimme engelsgleich seine Melodien intoniert), und bei manchen Songs würde man doch zu gerne die Version nur mit John an der Gitarre und ohne die Tonnen von Sphärenklängen hören, aus der Innenperspektive sind jedoch keine logischen Fehler zu verorten.

„The Empyrean“ ist insgesamt sicherlich nicht das stärkste John Frusciante-Album geworden (das bleibt weiterhin das spontan-depressiv-großartige „The Will To Death“), der bisher eigentlich immer vor allem dann glänzte, wenn er seine vielen, vielen Ideen möglichst unbearbeitet auf CD bannte, aber man sollte dieses Album, das aufgrund seiner relativ aufwendigen Struktur einige Zeit braucht, um zu wirken, keinesfalls unterschätzen: Wenn sich die Welt von „The Empyrean“ dem Zuhörer erst einmal geöffnet hat, dann wirken die vermeintlich spärlich gesäten Hits des Albums  plötzlich nur noch wie die Einstiegstracks in eine faszinierende, andere Seite von John Frusciante, die uns einen Musiker zeigt, der noch verdammt viel mehr Ambitionen zu haben scheint, als einfach nur ein paar eigene Songs aufzunehmen. Am Ende passt der Tim Buckley-Song dann nämlich doch noch perfekt zu diesem Album.

7/10 Punkten.


Side note: Ärgerlich: Lediglich die Japaner bekommen beim Kauf des Albums gleich zwei zusätzliche Tracks: ‘Today’ und ‘Ah Yom’, die nur den Titeln nach wie b-Seiten klingen, sich in Wahrheit aber doch recht gut in den Fluss dieser Platte integrieren. Amazon.com hat den Japan-Import für nicht wirklich kundenfreundliche 35 Dollar im Programm.


Listenwahn (II): Die größten musikalischen Enttäuschungen 2008

1. R.E.M. – “Accelerate”
2. Slipknot – “All Hope Is Gone”
3. The Cure – “4:13 Dream”
4. Nine Inch Nails – “The Slip”
5. Metallica – “Death Magnetic”
6. Filter – “Anthems For The Damned”
7. Travis – “Ode To J. Smith”
8. Dirty Pretty Things – “Romance At Short Notice”
9. Portugal.The Man – “Censored Colors”
10. Minus – “The Great Northern Whalekill”


Listenwahn (I): Best Of 2008

1. Portishead – “Third”

Die (Mit-)Erfinder des TripHop haben sich zehn Jahre Zeit genommen, um ihr drittes Album zu schreiben. Es hat sich gelohnt, denn heraus kam mit “Third” die perfekte Endzeitplatte für das Ende der 00er. Ein großartiger, futuristischer, düsterer, gleichzeitig elektronisch wie akustischer Trip in die Psyche von Beth Gibbons und Co., der wieder einmal die Ausnahmestellung dieser englischen Band namens Portishead klarmacht, die sich bisher noch keinen einzigen Fehltritt erlaubt hat.

Anspieltipp: ‘The Rip’ (hier).

2. Amanda Palmer – “Who Killed Amanda Palmer?

Die Dresden Dolls sind (vielleicht) Geschichte, aber Amanda Palmer zeigte uns, dass sie es auch alleine kann. Und wie: “Who Killed Amanda Palmer?”, zu großen Teilen nur aus ihr und ihrem Klavier bestehend, ist wahrscheinlich die beste und intimste Songwriterplatte des Jahres, auch wenn die Songs längst nicht mehr so eingängig sind wie zuvor, sondern von zum Teil tiefschwarzem Humor, Depression und Wut getrieben.

Anspieltipp: ‘Astronaut’ (hier).

3. Guns N’ Roses – “Chinese Democracy”

Eigentlich hat so gut wie niemand mehr daran geglaubt, dass dieses Album wirklich noch das Licht der Welt erblickt, aber dann, Ende November, ging alles ganz schnell: Ohne viel Promotion, ohne Video, ohne großen Wirbel. Die Musik spricht für sich: “Chinese Democracy”, der größenwahnsinnige, überladene, vierzehn Jahre dauernde Ego-Trip von Axl Rose und zig hochklassigen Musikern, der 14 Millionen Dollar an Produktionskosten verschlungen haben soll, setzt Maßstäbe. Und hat, und das ist viel wichtiger, auch verdammt gute Songs an Bord, die sich mit den alten Klassikern messen können.

Anspieltipp: ‘Better’ (hier).

4. The Verve – “Forth”

Schon zum zweiten Mal wiedervereint präsentierten sich Richard Ashcroft und Co. in diesem Jahr mit einem neuen Album, das alles andere als mit offenen Armen empfangen wurde. Es ist kein zweites “Urban Hymns” geworden, dieses dem Coverbild entsprechend über allen Wolken schwebende “Forth”, ganz im Gegenteil: The Verve verweigern sich jeden Erwartungen, schreiben psychedelische, leichtfüssige Songs, die eher einer Jam-Session gleichen und treffen damit genau ins Schwarze. So sollte Brit-Pop im Jahr 2008 klingen.

Anspieltipp: ‘Valium Skies’ (hier).

5. The Mars Volta – “The Bedlam In Goliath”

Der kreative Wahnsinn der Progressive-Rock-Maniacs geht weiter: Bereits das vierte Album in fünf Jahren konnten 2008 The Mars Volta präsentieren. Und “The Bedlam In Goliath” steht den Vorgängern kaum nach, auch wenn es wieder etwas mehr Wert auf Songs legt und keine 30-minütigen Ausflüge in die Improvisationskunst mit Saxophon und Gitarren mehr enthält, sondern ‘nur’ noch durchschnittlich sieben Minuten lange Tracks, die dennoch mehr Ideen enthalten als manch andere Bands in ihrer ganzen Karriere vorweisen können.

Anspieltipp: ‘Goliath’ (hier).

6. Ihsahn – “angL.”

Endlich klingt Ihsahn, früher der Kopf der wohl besten, weil klischeefreien und experimentellen, aber dennoch sehr gitarrenorientierten Black Metal-Band Emperor, wieder wie in alten Zeiten: Es schnurren die charakteristischen Leads, atonale Soli wechseln sich auf “angL.” ab mit gezupften Parts und dann tritt auch noch der Opeth-Sänger als Gast auf. Das passt, denn Ihsahn wirkt 2008 sehr wie eine schwarzmetallische Variante eben dieser Band. Vor allem qualitativ.

Anspieltipp: ‘Unhealer’ (hier).

7. Why? – “Alopecia”

Dass man HipHop weitab vom Mainstream auch als Kunstform zelebrieren kann, beweisen seit inzwischen über zehn Jahren die Künstler des amerikanischen Labels anticon.. Ein weiteres Highlight in deren Programm erschien im Jahre 2008: “Alopecia”, das zweite Album von Why?, lässt den unbedarften Zuhörer fast vermuten, dass HipHop seine Wurzeln eigentlich in der Countrymusik und dem Folk haben müsste, so genial werden hier die Stile vermischt. Abstract HipHop at it’s best.

Anspieltipp: ‘The Hollows’ (hier).

8. Wolves In The Throne Room – “Two Hunters”

Auch in einem vermeintlich extrem konservativen Genre wie dem Black Metal bewegt sich von Zeit zu Zeit etwas: 2008 stand dafür vor allem die junge Band Wolves In The Throne Room, deren zweites Album es sogar bis zu Spiegel Online geschafft hat. Zu Recht, denn derart majestätisch, zeitgemäß (deutliche Post-Rock-Einflüsse sind in den nur fünf langen Songs von “Two Hunters” zu hören) und mit so viel Leidenschaft zugleich wurde diese Musik lange nicht mehr performt. Und das auch noch von Amerikanern statt in dunklen Wäldern hausenden Norwegern. Skandalös gut.

Anspieltipp: ‘I Will Lay Down My Bones Among The Rocks And Roots’ (hier).

9. The Gutter Twins – “Saturnalia”

Post-Grunge, wie man ihn besser kaum machen kann, brachte in diesem Jahr wieder einmal der Seattle-Veterane Mark Lanegan auf den Markt, sogar mit einer neuen Band im Gepäck, die er zusammen mit Greg Dulli ins Leben rief: Die Gutter Twins sind so etwas wie der düstere, pessimistische, zynische Abgesang auf Pearl Jam, Nirvana, Alice In Chains und Co. Und huldigen auf “Saturnalia” gleichzeitig musikalisch eben jenen Größen der 90er. Intensiv.

Anspieltipp: ‘Idle Hands’ (hier).

10. Fleet Foxes – “Fleet Foxes”

Der nächste Schritt zum 60s-FolkPop-Revival. Die Fleet Foxes liefern das Debütalbum des Jahres: Groß konzipiert, aufwendig inszeniert und doch mit einer Leichtfüssigkeit performt, die eigentlich nur Simon & Garfunkel erreichten, mit Melodien, die einem wie Neil Young Konkurrenz machen. Die Songs von “Fleet Foxes”, die die Band scheinbar locker aus dem Ärmel schüttelt, klingen dabei fast, als wären sie zeitlose Klassiker. Ohne, und das ist die eigentliche Kunst, dabei wie Plagiate, Zitate oder veraltet zu wirken.

Anspieltipp: ‘White Winter Hymnal’ (hier).

Honorable Mentions:

Opeth – “Watershed”, Oasis – “Dig Out Your Soul”; Nick Cave & The Bad Seeds – “Dig, Lazarus, Dig!!!”; Cynic – “Traced In Air”; Lightspeed Champion – “Falling Off The Lavender Bridge”; Buckethead – “Albino Slug”; Vampire Weekend – “Vampire Weekend”; Madrugada – “Madrugada”; Cavalera Conspiracy – “Inflikted”


Briefing (XVIII)

Sag mal, Chris Cornell,

was ist eigentlich los mit Dir, Mann? Du warst mal ein richtiger Rocker, vor allem aber ein genialer Songwriter, der mit Soundgarden und Temple Of The Dog zeitlose Klassiker wie ‘Black Hole Sun’ oder ‘Hunger Strike’ geschrieben hat, die heute noch immer wieder gerne von hunderten Menschen ausgegraben, gehört und gecovert werden. Als Soundgarden und die 90er dann zu Ende gingen, hast Du alleine weitergemacht und mit “Euphoria Morning” ein grandioses Soloalbum veröffentlicht, auf dem Du mit Gitarre zum Teil tieftaurige und intime, aber niemals schnulzige oder peinliche Songs gesungen hast. Das war der große Teil Deiner Karriere. Danach ging es mit dem Stadion-Rockern von Audioslave, die leider viel schlechter als die Summe ihrer Teile waren und einem weiteren, leider viel weniger brauchbaren Soloalbum etwas bergab, auch wenn zwischendurch immer wieder Dein zweifellos noch vorhandenes Talent aufblitzte.

Als dann aber das Angebot zu dem James-Bond-Song kam, den Du ziemlich vergeigt hast, scheinen bei Dir ein paar Sicherungen durchgebrannt, respektive so etwas wie eine Midlife-Crisis ausgebrochen zu sein. Oder vielleicht hast Du auch nur plötzlich wieder junge Mädchen und viel Geld bekommen und Gefallen daran gefunden. Eine andere Erklärung kann ich jedenfalls nicht dafür finden, dass Du Dir für Dein neues, drittes Album (“Scream” soll das Teil heissen) ausgerechnet den eigentlich ja sehr talentierten, nur in Bezug auf Dich doch völlig inkompatiblen, stylishen Produzenten Timbaland ins Boot geholt hast. Natürlich, es scheint ein bisschen wie ein Klischee, wenn ein eigentlich eher gitarrenfixierter Typ wie ich es schlecht findet, wenn ein Rocker zum hippen PopHipHop-Star mutiert. Aber, hey, ganz ehrlich: Ich war verdammt gespannt auf das Ergebnis der Zusammenarbeit. Ich hatte gedacht: Das könnte eigentlich richtig originell werden. Aber als ich dann aber den ersten, eher durchschnittlichen Pop-Song ‘Ground Zero’ zu Ohren bekam, wurde mir ganz leicht übel, denn der Track, der ein paar mit Beats imitierte Gitarren im Hintergrund hat, besteht im Grunde nur aus ein paar immer wieder wiederholten Zeilen, aus denen Du früher höchstens einen Refrain, nie aber einen ganzen Song gemacht hättest. Zum zweiten veröffentlichten Track, namentlich ein Stück namens ‘Part Of Me’ hast Du dann ein schmuckes Video gedreht, bei dem mir gänzlich schlecht wurde, denn darin sieht man Dich in einer richtig coolen Bar mit ganz vielen tanzenden Frauen. Du sitzt da im Anzug der Ecke und singst doch tatsächlich Zeug wie “That bitch ain’t a part of me”, während die vermeintliche Bitch mit dem Arsch wackelt. Sag mal, Chris, ist Dir eigentlich klar, dass Du ein alternder Rockstar bist und nicht der nächste 50 Cent? Das Zeug, dass Du gerade machst, wird sich vielleicht ja sogar verkaufen, ist hitverdächtig, klar. Aber ob Du von diesen Songs auch in zehn Jahren noch regelmässig Schecks bekommst, wie es bei den alten Soundgarden-Alben sicher der Fall ist? Ob die schnelle Kohle und die Coolness es wert sind, all die Leute endgültig vor den Kopf zu stossen, die Dich als ernsthaften Musiker schätzen und schon lange darauf hoffen, dass Du endlich mal wieder ein paar gute Songs schreibst? Denk mal drüber nach.

In Deinem eigenen Interesse kann ich eigentlich nur hoffen, dass Du damit übelst auf die Schnauze fällst, dass die jungen Leute Dich doch nicht so cool finden, wie Du Dich selbst. So, bitch, bist Du jedenfalls kein part of me mehr, da kann der olle Timbaland im Hintergrund so viele rhythmische „Uh-Ahs“ vor sich hinstöhnen wie er will, sondern wirkst eher ein bisschen wie David Hasselhoff in seinem letzten Video. Nur ohne die Selbstironie.

Dein
Sebastian


Musikalische Fundstücke (XV): John Frusciante – ‘Unreachable’

Der erste veröffentlichte Song des am 20. Januar erscheinenden, zehnten Soloalbums des Red Hot Chili Peppers-Gitarristen John Frusciante namens “The Empyrean” (das Album, nicht der Song) schwebt erneut über allem, was seine Hauptband in den letzten Jahren auf den Markt geworfen hat: Traumhafter, psychedelischer Rock (Frusciante, nicht die Chilis). Insbesondere der Schlusspart des 6-Minüters hat es in sich.

Anzuhören ist ‘Unreachable’ hier.


Review: Guns N’ Roses – “Chinese Democracy”

Man kann keine wirkliche Einleitung für eine Rezension zu diesem Album schreiben. Es wurde alles schon gesagt, alles wurde wieder und wieder geschrieben, jeder Witz tausendmal erzählt über das am längsten und am öftesten angekündigte und wieder verschobene Werk einer eigentlich längt zerfallenen, dann aber doch wieder neu aufgebauten Band um vielleicht den wichtigsten Rocksänger der späten 80er und frühen 90er Jahre neben Kurt Cobain. Wir reden über: Axl Rose. Den letzten echten Rockstar. Guns N’ Fucking Roses. “Chinese Democracy”. Wir starten abrupt:

“Chinese Democracy” ist nicht Axls Soloalbum, es ist kein Album voller kitschiger ‘November Rain’-Variationen oder elektronischer Industrial-Riffs, auch wenn diese Vorlieben des rothaarigen Frontmannes an mehreren Stellen deutlich werden. Es ist vielmehr klassisches Guns N’ Roses-Material, aufgepumpt auf Überlebensgröße, es klingt, als hätte man die damals schon vorzeitig als zu überladen bewerteten Alben “Use Your Illusion I & II” zusammenpresst, auf Steroidkur geschickt und in jeden einzelnen Song dieser Platte in ihrer Gänze hineingepackt. Es gibt, anders ausgedrückt, verdammt viel zu entdecken auf diesem Album, dessen Credit-Liste länger zu sein scheint als die abgedruckten Lyrics aller Songs zusammen, das aber geht nie zu Lasten der Songs selbst, die hier die wirklichen Stars sind: Der perfekte Sunset Boulevard-Pop von ‘Better’, die bluesig-beschwingte Piano-Ballade ‘Street Of Dreams’ (in der Live-Version bekannt als ‘The Blues’) oder das epische ‘Madagascar’ etwa sind eindeutig der Band zuordenbare Songs, die jeden alten Fan glücklich machen werden. Deutlich moderner klingen der komplexe Rockmetal-Gitarrenoverkill des Titeltracks oder der pure Sex von ‘If The World’, einem herausragend gelungenen Stück, das zwischen Beats und spanischen Gitarren extrem futuristisch und dennoch traditionell zugleich wirkt. Sicherlich gibt es ein paar kleinere Ausfälle auf der 14 Songs starken Platte, die man selbst als Fan nicht leugnen kann (etwa das vorab auf dem Soundtrack des Computerspiels “Rock Band 2″ veröffentlichte ‘Shackler’s Revenge’, das zu sehr nach einer Kreuzung aus den Nine Inch Nails und den alten Gunners tönt oder das insgesamt doch überkitschte ‘This I Love’, auf dem Axl sich richtig ausgiebig in Selbstmitleid und Liebeskummer suhlt), aber man muss festhalten, dass selbst diese paar weniger gelungenen Tracks noch deutlich auf Augenhöhe mit dem Meisten sind, was die richtig großen Rockbands uns in den letzten Jahren serviert haben. Dieses Album scheint alles zu sein, was man sich in seinen feuchtesten Fan-Träumen ausgemalt hat.

Natürlich ist “Chinese Democracy” trotzalledem nicht der Messias, der die Rockwelt im Alleingang retten wird oder der uns zurück in eine Welt beamen wird, in der Gitarrenmusik alle Charts dominierte, aber man hört jedes der 15 Jahre Arbeit, die in diesem Album stecken. Man hört die unfassbaren 13 Millionen Dollar, die für die Aufnahmen verbraten wurden, man hört die insgesamt 5 grandiosen Gitarristen, die auf dem Album am Werk sind (allen voran der gleichsam ominöse wie wahnsinnig talentierte Mann, der sich Buckethead nennt und dem Album so deutlich seinen Stempel aufgedrückt hat, wie es nur Slash vermochte, wenngleich dieser mit viel weniger Originalität zu Werke ging). Man hört all das und viel mehr auf “Chinese Democracy” und es ist vielleicht genau die Platte geworden, die es werden musste: Eine mit einer extremen Portion Perfektionismus bis in das kleinste Detail durchkonstruierte, größenwahnsinnige, bombastische, stellenweise wirklich geniale CD, die mit Pop, Rock, Metal, Beats, jeder erdenklichen Art von modernen bis klassischen Gitarrensolos, Piano- und Streichermelodien bis fast zum Zerbersten vollgestopft ist, aber dennoch nie wirklich überladen, sondern nur genau durchdacht wirkt, nie kitschig und nie irgendwie anbiedernd, kommerziell oder gar nur in die Vergangenheit schielend. Ganz im Gegenteil klingt dieses Album stellenweise verdammt modern und es wirkt weit entfernt von allem, was man simple Rockmusik nennen könnte. Wenn man “Chinese Democracy” hört, dann versteht man plötzlich, warum Axl Rose damals nicht mehr das Gefühl hatte, seine musikalische Vision mit den Hardrockertypen umsetzen zu können, die bis heute in den Köpfen der Menschen immer noch mit dem Namen Guns N’ Roses verbunden sind. Und trotzalledem, und das ist vielleicht die größte Überraschung, hat man bei “Chinese Democracy” auch das Gefühl, dass hier eine richtige Band am Werk wäre, auch wenn man sie aufgrund des Sounds des Albums spontan auf mindestens 15 Mitglieder schätzen würde. Den langweiligen, sich wiederholenden Altherren-Stadiorock, den Slash und Co. mit Velvet Revolver inzwischen auf bereits zwei Platten zelebriert haben, weist Axl Rose mit diesem Album jedenfalls mehr als nur in die Schranken. Die Guns N’ Roses des Jahres 2008 spielen locker zwei ganze Ligen weiter oben als eben jene Band, sind aber auch, und das ist vielleicht viel wichtiger als der direkte Vergleich mit den Ex-Mitgliedern, qualitativ auf deutlich höherem Niveau als die anderen beiden Dinosaurier des Genres, die 2008 neue Alben veröffentlichten, namentlich Metallica und AC/DC, deren aktuelle Platten, so hörenswert sie partiell sein mögen, sich im Grunde nur aus der Vergangenheit der Bands speisen. Guns N’ Roses hingegen blicken auf diesem Album maximal mit einem Auge in Richtung des Gestern, und das ist der Band, respektive dem ihr vorsitzenden Kontrollfreak, hoch anzurechnen.

Vielleicht war “Chinese Democracy” der längste Running Gag der Musikgeschichte, aber zuletzt lacht wohl nun doch noch Axl Rose. Eine annähernd perfekte Platte für das Ende des ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends. Sehr hörenswert.

8,5 von 10 Punkten.


Vergessene Perlen (II)

Covenant – “Nexus Polaris”
(1998/Black Metal)

Auf den Höhepunkt des Erfolgs von aus der extremen Metal-Szene stammenden Bands wie Cradle Of Filth und Dimmu Borgir, die mehr wollten, die den Mainstream geradezu suchten: Musiker von eben den beiden Bands sowie von den damals eher progressiven Mayhem und Arcturus schließen sich zusammen, um ein völlig überdrehtes Symphonic-All-Star-Sci-Fi-Black-Metal-Album zu machen, das irgendwie das Ende der 90er im Black-Metal markiert, auf dem über Drachen und und fremde Planeten gesungen wird und das in seiner Überzeichnung, aber auch in seiner bisweilen genialen Musikalität bis heute seinesgleichen sucht. Dass die norwegisch-englische Zusammenkunft Covenant (die sich wegen Namensgleichheit mit einer Electronic-Band später in The Kovenant unmbenennen mussten) danach zunächst wieder zerfiel, dass nur die Kernmitglieder Nagash und Blackheart (inzwischen nennen sie sich zu ihrem neuen Sound passender Lex Icon und Psy Coma) übrig blieben, dass diese anschließend nichts mehr auf die Reihe bekamen und zu einer halben Rammstein-Kopie mit Marilyn Manson-Image verkamen, sei ihnen verziehen angesichts des weiterhin herausragenden Albums “Nexus Polaris”. 9/10

Anspieltipp: ‘The Last Of The Dragons’ (hier).

Mad Season – “Above”
(1995/Grunge)

Irgendwo zwischen Pearl Jam und Alice In Chains formte sich Mitte der 90er Jahre in der amerikanischen Grunge-Szene die Supergroup Mad Season, die es nur zu einem einzigen, extrem spannenden Album brachte. Dabei war es geradezu spekakulär, wer hier alles mitmischte: Layne Staley ist zu hören, Mike McCready, Mark Lanegan und Barrett Martin sind nur die prominentesten Namen. Bei den Planungen zum nie aufgenommenen, zweiten Album ging dann irgendwie alles schief und die Band trennte sich wieder, Layne Staley selbst entschied ein paar Jahre später, dass er doch lieber zu Kurt Cobain in die WG ziehen wollte. So bleibt das einzige Mad Season-Album “Above” eines der Highlights aus dieser wahnsinnig kreativen Zeit in Seattle und eine extrem düstere und depressive Version dessen, was Nirvana zuvor mit Pop und Punk gemischt an so gut wie jeden Rockmusikfan weltweit verkauft hatten. 10/10

Anspieltipp: ‘River Of Deceit’ (hier).

Muggs – “Dust”
(2003/Trip-Hop)

Dass der DJ der in den 90er Jahren den sogenannten Crossover mit anführenden Hip-Hop-Metaller Cypress Hill mit bürgerlichem Namen Lawrence Muggerud heißt, weiß so gut wie niemand. Dass er selbst Musik macht und im Jahre 2003 unter dem Künstlernamen Muggs ein lupenreines Trip-Hop-Album veröffentlichte, dass sich mit den richtig großen Namen der Szene messen kann, aber leider so gut wie keine Beachtung fand, wissen sogar noch weniger. Dabei ist “Dust”, so der Titel der Platte, ein Album, dass sich konzeptuell stark an Massive Attack anlehnt und diverse Gaststars versammelt, nicht weniger als eine echte vergessene Perle: Eine loungige, chillige, niemals platte und sehr kunstvolle Reise in die Welt der Verbindung von Beats und Melancholie, die nicht nur wegen der wenigen hochklassigen Veröffentlichungen in dem Genre zu den Alben zählt, die auf keinen Fall in der Bedeutungslosigkeit verschwinden sollten. 8/10

Anspieltipp: ‘Rain’ (hier).


Musikalische Fundstücke (XIII) – ‘Chinese Democracy’ (Single)

Es ist Realität geworden: Seite heute Mittag rotiert im amerikanischen Radio die erste Single des kommenden Guns N’ Roses-Albums “Chinese Democracy” (VÖ: 23.11.2008), dem ersten Album mit neuer Musik der Band seit “Use Your Illusion II” aus dem Jahr 1991. Der Titelsong der Platte ist zwar eine recht ungewöhnliche Wahl für die erste offizielle Veröffentlichung, weil der Song deutlich auf dem auf etwa einem Drittel der Platte vorherrschenden, neueren Gunners-Sound beruht (Axl singt mit einer tiefen Stimme, etwa wie bei ‘Mr. Brownstone’ und der Track braucht seine Zeit, um zu zünden), sollte aber dennoch die Vorfreude schüren. Die meisten der wirklich exzellenten Gitarren auf dem Song stammen im Übrigen von einem der herausragendsten und vielseitigsten lebenden Gitarristen, den so gut wie niemand kennt (und der einer meiner ganz persönlichen Helden ist): Buckethead.

Anzuhören auf der heute überarbeiteten, offizellen Webseite.


Vergessene Perlen (I)

New Radicals – “Maybe You’ve Been Brainwashed, Too”
(1998/Pop/Rock)

Gregg Alexander, normalerweise primär als Songwriter hinter den Kulissen für verschiedenste große Chart-Acts aktiv (unter anderem Ronan Keating, Sophie Ellis-Bextor, Enrique Iglesias, Hanson, Geri Halliwell oder Melanie C) nam 1998 für ein Album selbst das Mikro in die Hand: “Maybe You’ve Been Brainwashed, Too” von den New Radicals, die sich direkt nach der Veröffentlichung der ersten Single aus dem Album wieder auflösten, ist bis heute ein Meisterstück des zeitlosen Pop. 8/10

Anspieltipp: ‘Someday We’ll Know’ (hier).

Daemonarch – “Hermeticum”
(1998/BlackMetal)

Die Portugiesen der Dark-Metal-Gruppe Moonspell hatten Ende der Neunziger kurzzeitig selbst die Nase voll davon, dass sie inzwischen von einer extremen Metalband zu einer ausgewaschenen Gothic-Rock-Gruppe mutiert waren und namen sich eine Auszeit, um unter dem Namen Daemonarch nochmal richtig den Teufel rauszulassen. Das Ergebnis war ein einzigartig-seltsames, hypnotisches Black Metal-Album, das tatsächlich, wie der Albumtitel versprach, hermetisch in sich abgeschlossen und kaum mit einer anderen Band vergleichbar war. 8/10

Anspieltipp: ‘Lex Talionis’ (hier)

Deltron 3030 – “Deltron 3030″
(2000/Hip-Hop)

Eine futuristische Supergruppe aus so illustren und kreativen Underground-Stars wie Kid Koala, Dan The Automator und Del tha Funkee Homosapien. Zwischendurch singt auch mal Damon Albarn von Blur, weswegen Deltron 3030 nicht zu Unrecht auch als Vorläufer der Gorillaz gelten, obwohl sie viel mehr sind als nur das. Ihr bisher einziges Album, das ebenfalls den Namen “Deltron 3030″ trägt und eine Konzeptplatte über eine düstere Zukunftsdystopie ist, bleibt bis heute ein übersehener Klassiker des Hip-Hops abseits des Mainstream. 10/10

Anspieltipp: ‘Time Keeps On Slipping’ (hier)


Review: One Day As A Lion – “One Day As A Lion” (EP)

Kurz bevor er nur noch als fernes Echo in den Köpfen seiner hunderttausenden ehemaligen Fans vorhanden ist, meldet sich der ehemalige Rage Against The Machine-Frontmann Zack de la Rocha mit einem Paukenschlag zurück. Und auf die Pauke hauen darf dabei niemand Geringeres als der ehemalige The Mars Volta-Drummer Jon Theodore, ohne Zweifel einer der begabtesten lebenden Schlagzeuger im Rockbusiness. Erzählen wir die Geschichte von vorne: Seit ganzen acht Jahren kündigt de la Rocha immer mal wieder an, musikalisch immer noch aktiv zu sein und ein Soloalbum zu planen, irgendetwas davon zu hören bekam man aber nie wirklich. Seine ehemaligen Rage-Kollegen durchlebten in der Zwischenzeit eine neue Band namens Audioslave von der Gründung bis zur Auflösung, drei Alben inklusive. Jetzt, im Fahrwasser der kürzlichen Live-Reunion der alten Crossover-Helden kommt de la Rocha endlich auch in die Gänge: One Day As A Lion heißt die nur aus ihm und Theodore bestehende Band und die leider nur fünf Songs umfassende EP mit dem gleichen Titel ist mehr als nur bemerkenswert geworden: Auf den ersten Blick wirkt alles sehr old school, fast 80er: Zacks messerscharfer Sprechgesang, John Theodores grandioses Drumming, ein paar elektronisch anmutende, flirrende Gitarren dazwischen und recht offene, originelle Strukturen. One Day As A Lion wirken gleichzeitig extrem retro und total futuristisch, man scheint beim Anhören geradezu mit Händen greifen zu können, wo die kreativen Differenzen lagen, die ihn dazu führten, diese damals so große Band zu verlassen: Das hier hätte niemals unter dem Bandnamen Rage Against The Machine veröffentlicht werden können, dazu ist es viel zu verspult und experimentell. Man mag über die quantitative Unproduktivität (fünf Songs in acht Jahren) des früheren Superstars denken, was man will: Mit One Day As A Lion macht er im Gegensatz zu Tom Morello und Co, die sich zum Schluss bei Audioslave bei gemächlichem Altherren-Stadionrock ausruhten, sehr originelle, progressive, fast avantgardistische Musik, die von Bedeutung ist. Wenn man mit offenen Ohren die diese EP hört, dann wünscht man sich fast, dass die Rage Against The Machine-Reunion erst mal auf Eis gelegt wird, damit die beiden kreativen Köpfe, die hier am Werke sind, noch die Zeit haben, ein ganzes Album einzuspielen. Es könnte eine kleine Revolution werden.

9 von 10 Punkten.


Band-Komplettreviews (III): Nirvana

Bleach (1989) – Rohes Debütalbum zwischen Punk und Metal, das noch nichts vorwegnimmt, streckenweise aber schon vorrausdeutet. 6/10

Nevermind (1991) – Zwischen Popmelodien und Punkriffs: Das nahezu perfekte Album zum perfekten Zeitpunkt, das die 80er endgültig zu den Akten legt und die Band zur Legende macht, streckenweise aber von Produzent Butch Vig zu glattgeschliffen wurde. 9/10

In Untero (1993) – Kurt Cobain verweigert sich dem Druck, ein zweites Nevermind zu schreiben und experimentiert stattdessen in genialischer Weise mit Noise- und Postrock-Elementen, schreibt dazwischen aber trotzdem große Hits. 10/10


Briefing (XV)

Lieber Will Smith,

versteh mich bitte nicht falsch: Ich mag die Filme in denen Du mitspielst eigentlich ganz gerne. Sie sind unterhaltsam, actionreich, oft mit sehenswerten Bildern unterfüttert, sie sind simples aber auf seine Art liebenswertes Popcorn-Kino und ich sehe sie mir gerne des Nachts an, wenn ich mit meiner Arbeit fertig bin und einfach nur abschalten will. Aber aus irgend einem Grunde hatte ich von dem Anti-Superhelden-Film “Hancock” mehr erwartet. Ich hatte gedacht, dass das Deine Paraderolle wäre, dass Du in dem Film nicht nur, wie man so oft liest, Dich im Grunde nur selbst spielst, sondern der Figur Leben einhauchst, gerade deswegen weil Dir die Rolle so steht. Genau das aber ist nicht der Fall. Allein die Eröffnungsszene, in der Du mit einem Hangover auf einer Parkbank erwachst, eine Verfolgungsjagd im Fernsehen beobachtest, einer Frau an den Po grabschen willst, könnte wirklich grandios sein, wenn Du sie nicht so hölzern mit Leben, oder besser mit bloßen Stereotypien und reinem Nichts, füllen würdest. Leider wird das auch im restlichen Film nicht besser, sondern es ist eher das Gegenteil der Fall: Du spielst nicht, Du bist einfach nur da. Typisch für Dein Engagement in dem ganzen Film ist wohl die Szene in der Bar, in der Deine Rolle in der Ecke sitzt, während im Fernsehen über sie berichtet wird und die alte Frau Dich ansieht, Du aber einfach stur weiter so lässig und cool rumhängst wie zuvor. Du bist in dem Film eine tragende Hauptrolle, die wie eine kleine Nebenfigur agiert und spielt. Und jetzt erzähl mir nicht, dass die Figur eben so angelegt war. Ein Typ wie Du hat sicherlich maximale kreative Freiheiten in der Ausgestaltung seiner Rollen, besonders dann, wenn Du, wie in diesem Fall, der einzige Star in einem Film bist und das Projekt im Grunde alleine trägst. Statt wie erwartet in der Rolle Deines Lebens warst Du in der traurigsten Verfassung, in der ich Dich je gesehen habe.

Ich will ja nicht ungerecht sein: Es ist sicher nicht Deine alleinige Schuld, dass “Hancock” trotz der ursprünglich guten Idee ein katastrophal schlechter Film geworden ist: Das Drehbuch ist mies, der Plot absolut vorhersehbar, die Dialoge langweilig, der Humor, den der Film dringend gebraucht hätte, ist schlicht und einfach nicht vorhanden, selbst sehenswerte Actionszenen fehlen völlig und leider werden auch die wenigen Ansatzpunkte für Tiefgang nur mit zwei bis drei pathetischen Worten und ein paar plätschernden Geigensamples abgehandelt, aber Du trägst sicher einen Großteil dazu bei, dass man als halbwegs intelligenter Zuschauer schon nach ein paar Minuten das Interesse an “Hancock” verliert und das nächste Mal lieber in einen Superheldenfilm geht, bei dem man vorher weiß, was man bekommt, weil die Hauptfigur bereits bekannt ist. So wird der auch Flop von “Hancock”, der nach diesem kollektiven Versagen absehbar hätte sein müssen, sicher alles andere als dazu beitragen, dass neue, innovative Konzepte in Zukunft realisiert werden, was Dich indirekt auch dafür veranwortlich macht, dass X eigentlich gute Filmideen niemals das schummerige Kinodunkel erblicken werden.

Ach, Will, Du wirst sicher weiterhin einer der höchstbezahlten Schauspieler Hollywoods bleiben und wir werden uns wohl noch oft begegnen, schließlich drehst Du derzeit jedes Jahr mindestens einen dieser Filme, die ich mir weiterhin ansehen werde, aber wirklich davon überzeugen, dass Du Deinen Beruf beherrschst, konntest Du mich heute wieder einmal nicht. Vielleicht hättest Du Dir nochmal ansehen sollen, wie Bruce Willis (ja, ausgerechnet der) in “Unbreakable” absolut überzeugend all das rüberbringt, was Dir in “Hancock” an allen Ecken und Enden fehlt.

Dein Sebastian.


Der Selbstkritiker (IX)

Rational betrachtet ist dieses Blog eine einzige Katastrophe. Die Updates erfolgen unwillkürlich, spontan und unregelmäßig, ein roter Faden existiert nicht, vielmehr springt der Autor zwischen unlesbarer Lyrik, Rezensionen zu allen denkbaren Kulturerzeugnissen, persönlichen Rants und eigenen Bildwerken aus verschiedensten Kategorien. Die Besucherzahlen schwanken so extrem irgendwo zwischen 200 und 10, dass einem beim Betrachten der Kurve schlecht wird, selten verirrt sich auch nur ein einziger Mensch pro Tag hierher, Kommentare kommen selten bis gar nicht vor, Verlinkungen oder Interaktion mit anderen Blogs gibt es kaum.

Eine Spielwiese! Ganz für mich.