Musikalische Fundstücke (XX): NIN|JA Toursampler EP

Passend zur kommenden Co-Headliner-Tour der Nine Inch Nails mit den erneut wiedervereinigten Jane’s Addiction (die leider doch nur durch Amerika führen wird) gibt es auf ninja2009.com eine Toursampler-EP mit insgesamt sechs unveröffentlichten Songs der beiden Bands sowie der Vorgruppe Street Sweeper (der neuen Band des Ex-Rage Against The Machine-/Audioslave-Gitarristen Tom Morello) zum Download. Das Ganze ist in bester Trent Reznor-/ Nine Inch Nails-Tradition natürlich komplett kostenlos. Lediglich die Eingabe der Maildresse ist notwendig, dann bekommt man den Link zu einer Vielzahl von Formaten, in der das Paket verfügbar ist, darunter auch Losless/FLAC. Vor allem die beiden neuen Jane’s Addiction-Tracks ‘Chip Away’ und ‘Whores’ sind mehr als nur kleine Appetizer, aber auch NIN können mit ‘Not So Pretty Now’ und ‘Non-Entity’ überzeugen. Das Material von Street Sweeper (‘Clap For The Killers’ und ‘The Oath’) fällt dagegen ein klein wenig ab. Bitte zugreifen, es lohnt sich.


Musikalische Fundstücke (XIX): El Grupo Nuevo

Good news for people with good taste: Die neue Band El Grupo Nuevo von Omar Rodiguez-Lopez (dem ultra-kreativen The Mars Volta-Mastermind) hat vor einiger Zeit einen wirklich sehens- und hörenswerten Teaser zu ihrer ersten Platte „Cryptomnesia I“ veröffentlicht, den man sich hier angucken kann. Mit von der Partie sind außer Rodriguez-Lopez auch noch Zach Hill, Jonathan Hischke (beide von Hella) und Juan Alderete. Der TMV-Sänger Cedric Bixler Zavala wird außerdem deutlich mehr als nur einigen der Songs seine Stimme leihen. Das Album wurde bereits 2006 aufgenommen und soll, was auch der Trailer bestätigt, nach einer etwas agressiveren und chaotischeren Version von The Mars Volta klingen. Darf man den brodelnden Gerüchten Glauben schenken, dann wird „Cryptomnesia I“ aber nur den Auftakt einer Albumtrilogie bilden, die bereits komplett vollendet ist.


Children Of Bodom @ Große Freiheit III

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Children Of Bodom Live @ Große Freiheit 36, Hamburg, 23.02.2009


Children Of Bodom @ Große Freiheit II

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Children Of Bodom Live @ Große Freiheit 36, Hamburg, 23.02.2009


Children Of Bodom @ Große Freiheit

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Children Of Bodom Live @ Große Freiheit 36, Hamburg, 23.02.2009


Vergessene Perlen (III)

Lauryn Hill – „The Miseducation Of Lauryn Hill”
(1998/RnB)

Es ist ein schillerndes und mächtiges Album geworden, diese erste Soloplatte von Lauryn Hill nach dem Ende der auf dem Höhepunkt des Erfolgs plötzlich kollabierten Fugees. Lauryn Hill integriert nicht nur Rap, Soul, Reggea und viel RnB in ihren ganz persönlichen Sound, sondern vermischt persönliche und politische Botschaften auf dieser Platte, deren größter Pluspunkt aber natürlich darin besteht, dass sie grandiose Songs enthält. „The Miseducation Of Lauryn Hill“ ist bis zum heutigen Tage eine der besten HipHop/RnB-Platten abseits des Mainstream. In eben dem schwamm Lauryn Hill nämlich trotz der großen Charterfolge der Vorgängerband nie absichtlich mit. Musikalisch (und zum Teil auch auf lyrischer Ebene) ist es jedenfalls kaum möglich, dieses Album zu weit oben anzusiedeln. Nur schade, dass es so schnell wieder in Vergessenheit geriet und dass Lauryn Hill bis heute keine weitere Platte aufgenommen hat (die Outtakes-Sammlung „Ms Hill“ von 2008 ausgenommen). Das spätere MTV Unplugged, das in Doppelalbumform veröffentlicht wurde, darf man übrigens ebenfalls als essentiell ansehen. 9/10

Anspieltipp: ‘Everything Is Everything’ (hier).

Strangelove – „Time For The Rest Of Your Life“
(1995/BritPop)

Die vielleicht unterbewertetste und am öftesten übersehene Band des Britpop: Strangelove könnten, wenn das Glück manchmal nicht ein ebenso entscheidender Faktor wie das Talent wäre, heute direkt neben Oasis, The Verve oder Blur stehen. Musikalisch jedenfalls hielten sie damals locker mit, auch wenn sie einen Tick düsterer zu Werke gingen. Auf ihrem Debüt „Time For The Rest Of Your Life“ wird das am deutlichsten: Großer, melodramatischer Rock, der vieles von dem vorwegnimmt, was später zu den Markenzeichen der Bands von der Insel gezählt werden sollte. Nachdem sich der Erfolg leider nie wirklich einstellte, löste sich die Band um Frontmann Patrick Duff 1998 nach nur drei Alben wieder auf, der Gitarrist Alex Lee war später bei Placebo und Suede aktiv, richtiger Ruhm ereilte aber beide bis heute nicht. Ein paar wenige Menschen wissen dieses Album aber noch immer zu schätzen: Neu kostet die selten gewordene CD-Version von „Time For The Rest Of Your Life“ inzwischen immerhin um die 40 Euro. 8/10

Anspieltipp: ‘Time For The Rest Of Your Life’ (hier).

Jerry Cantrell – „Degradation Trip Vol. 1&2“
(2002/Grunge)

Jerry Cantrell, zweiter Hautpsongwriter der legendären Alice In Chains legte sein zweites Soloalbum just in dem Jahr vor, in dem Layne Staley verstorben war. Aber dieses Album ist auch musikalisch ein Statement, steht es doch den unter dem Bandnamen veröffentlichten Werken kaum in irgendetwas nach: Schwere Gitarrenriffs, die dem Metal artverwandt sind, treffen auf hypnotische Songs, die einfach nahe gehen. Cantrell, der hier alle Vocals selbst übernimmt, klingt hier fast wie Staley. Als sich „Degradation Trip“ dann entgegen der Erwartungen der Plattenfirma auch noch prächtig verkaufte, wurde es als das ursprünglich geplante Doppel-Album-Version mit fast doppelt so vielen Songs erneut veröffentlicht, was dem Ganzen die Krone aufsetzt. Ein Stück Musik, das man dringend gehört haben sollte, wenn man sich in irgendeiner Art und Weise für den Grunge und die 90er in Seattle interessiert. Man könnte vielleicht sogar behaupten, dass das hier die letzte richtige Grunge-Platte geworden ist, der endgültige Sargnagel in eines der spannendsten Genres der letzten Jahrzehnte. 10/10

Anspieltipp: ‘Anger Rising’ (hier).


Musikalische Fundstücke (XVIII): Trent Reznor + Jane’s Addiction

Nachdem in den letzten Tagen einige seltsame Photos auf der offiziellen Webseite von Trent Reznors Band Nine Inch Nails aufgetaucht waren, die ihn im Studio wechselweise zusammen mit Perry Farell, Eric Avery, Stephen Perkins und Dave Navarro, also dem kompletten Line-Up der eigentlich zum zweiten Mal aufgelösten Jane’s Addiction zeigten und die Theorien bereits in wirre Richtungen wuchsen, folgte nun die Enthüllung: Die Nine Inch Nails werden noch in diesem Jahr eine Reihe Shows “across the globe” spielen, und danach für einige Zeit Pause machen. Und die zweite Band mit auf Tour sind sensationellerweise tatsächlich Jane’s Addiction. Ob das eine zweite Reunion bedeutet oder ob die Band nur für ein paar Live-Termine wieder zusammenfindet, ist ungewiss, es sieht aber deutlich nach einer längerfristigen Zusammenarbeit der vier Jungs aus. Man darf sich schonmal vormerken, dass man dafür Karten besorgen will, denn selbige Termine werden höchstwahrscheintlich blitzschnell ausverkauft sein, sobald die richtigen Tourdaten veröffentlicht werden.


Listenwahn (IV): Die besten Alben von Buckethead

1. „Inbred Moutain“ (2005)

Besser war der verrückte Mann mit dem Kübel und der weißen Maske nie: Avantgarde-Gitarrenmusik eines der wohl besten lebenden Gitarristen in absoluter Perfektion. Achtung: Nur für fortgeschrittene User.

Anspieltipp: ‘In Search Of Inbred Mountain’ (hier)

2. „Population Override“ (2004)

Bucketheads zugänglichstes und vielleicht melodischstes Werk hat alles, was ein gutes Instrumentalalbum braucht: Grandiose Songs, tolle Melodien, starke Soli. Und zu aller Überraschung ordnet er sein technisches Können hier den Songs unter.

Anspieltipp: ‘Unrestrained Growth’ (hier)

3. „Colma“ (1998)

Reine Akustikgitarren, bittersüße Melodien: Der eigentlich ultra-schnelle Tech-Freak kann auch ganz anders, wie er uns auf „Colma“ eindrucksvoll beweist, einem Album, das man durchaus auch Schwiegermutter zum Geburtstag schenken könnte.

Anspieltipp: ‘Hills Of Eternity’ (hier)

4. „Bermuda Triangle“ (2002)

Vielleicht der Vorläufer zu den atonalen Kakophonien, die uns Buckethead in der Reihe der Alben präsentiert, die er unter dem Pseudonym Death Cube K veröffentlicht hat: Ein irrer Sturm aus Electro, Funk, Drum-Patterns und genialen Metal-Riffs.

Anspieltipp: ‘Mausoleum Door’ (hier)

5. „Pepper’s Ghost“ (2007)

Der rundum gelungene, kleinere Bruder von „Population Override“: Buckethead gibt sich Mühe, zugänglich zu wirken, irrt aber doch auch in seinen Flitzfingersoli und schreddernden Riffs herum. Vielleicht das typischste Buckethead-Werk.

Anspieltipp: ‘Pepper’s Ghost’ (hier)


Musikalische Fundstücke (XVII): The Smashing Pumpkins – ‘FOL’

Der neue Song der Smashing Pumpkins, betitelt ‘FOL’ (steht für ‘Feel Our Love’), exklusiv aufgenommen ausgerechnet für ein Werbevideo des Autoherstellers Hyundai kann hier gegen Bereitstellung der eigenen eMail-Adresse, die sicherlich nicht in einem Werbeverteiler landen wird, in mp3-Form kostenlos heruntergeladen werden. Aber es gibt ja zum Glück Dienste wie Trash-Mail.

Wer sich von der Aktion wenigstens einen tollen, neuen Rocksong der einst besten Alternative-Band der Welt erwartet, dürfte leider ebenfalls enttäuscht werden, denn im Gegensatz zu einigen nie veröffentlichten Songs aus der Zeit nach der sogenannten Re-Union, an der nur Billy Corgan und Jimmy Chamberlin beteiligt waren (genauer gesagt den Tracks ‘Gossamer’; ‘The March Hare’; ‘As Rome Burns’; ’99 Floors’ ; ‘A Song Of A Son’ und ‘I Am One II’), ist ‘FOL’ ein stinklangweiliger, öde vor sich hindudelnder Song mit nichtssagenden Lyrics, der sogar auf dem über weite Strecken desaströsen Album “Zeitgeist” negativ aufgefallen wäre. Ziemlich traurig, das.


Briefing (XIX)

Hey Canon,

das ist ja dieses mal schlechter als nur suboptimal gelaufen mit uns. Ich hatte mir in den letzten Wochen gedacht: Wenn ich schon so viel arbeite wie in letzter Zeit, dann gönne ich mir doch mal was richtig Teueres von meiner Lieblingsmarke und habe mir die neue EOS 50d bestellt, die auch promt per Expresslieferung eintraf (normalen Postsendungen vertraue ich aus gewissen Gründen ja nicht mehr wirklich). Die Kamera schien auf dem Papier perfekt für meine hohen Ansprüche: 15 Megapixel, optional ISO bis 12.800, 6 Bilder pro Sekunde und das bis zu 90 Aufnahmen in Folge. Ein echtes High-End-Monster von einer digitalen Spiegelreflex.

Als das Teil dann am Samstag ankam und ich erst am Abend ausführlicher Zeit hatte, mich damit zu beschäftigen, war ich auch noch total zufrieden: Knackscharfe Bilder mit dem eingebauten Blitz, Fokus extrem schnell, passte eigentlich alles. Aber am nächsten Tag, beim Outdoor-Test mit ISO400 und höher folgte dann schnell die Ernüchterung: Nicht, dass die Bilder schlecht ausgesehen hätten. Aber in der 100%-Ansicht zeigten sie doch alle Mini-Verwacklungen und/oder sahen recht weich aus, das Rauschen, das mich deutlich an Filmkorn erinnerte war zum Teil auch deutlicher als bei meiner inzwischen schon fast drei Jahre alten EOS 350d und zwar nicht erst bei hoher Lichtempfindlichkeit. Ich habe dann diverse Testbilder gemacht und festgestellt: Ja, das ist nicht nur eine subjektive Sache und nein, ich bin nicht plötzlich zu dumm zum Photographieren. Die Bilder von meiner alten Kamera, einfach hochskaliert auf 15 Megapixel sahen schlicht besser aus. Wozu dann aber so viel Geld ausgeben?

Drüben, im DSLR-Forum reichten die Aussagen in dem inzwischen auf mehr als 200 Beiträge angewachsenen, von mir zu dem Thema eröffneten Thread dann von „Was denn? Ist doch superscharf“ über „15 Megapixel verwackelt man halt leichter“ bis hin zu „die 50d braucht halt teuere Linsen“. Wie es halt so läuft mit technikbegeisterten Amateuren in Internetforen, die sich für Experten halten. Ob meine Objektive (die sich alle im preislichen Bereich von 500 Euro bewegen) nicht hochwertig genug für die Kamera waren, kann ich nicht sagen, es mag sogar wirklich stimmen, aber wenn ich ein Bild von meiner alten Kamera einfach auf die gleiche Größe bringen kann (noch dazu ohne irgendwelche Spezialsoftware, sondern einfach nur vergrößern) und das deutlich besser aussieht als das Bild von der neuen Kamera, dann investiere ich mein Geld doch erstmal lieber anderweitig und sehe ein, dass der Megapixelwahn auch seine Schattenseiten hat. Wenn ich wirklich die schweineteueren L-Ojektive brauche, um den Sensor der 50d gut zu versorgen, dann ist sie für meine Zwecke jedenfalls völlig unbrauchbar. Aber vielleicht war speziell das Exemplar das ich erwischte auch nur ein sogenanntes “Montagsmodell”. Ich werde es irgendwann rausfinden. Derweilen ist das gute Stück jedenfalls wieder bei dem Online-Anbieter von dem ich es gekauft hatte und das Geld wieder auf meinem Konto. Dort wird letzteres eigentlich auch dringend gebraucht und derjenige, der die Kamera statt meiner kauft, wird sicher viele Jahre seine Freude damit haben, denn nicht jeder guckt so extrem kritisch auf seine Bilder wie ich.

Ich bleib Dir natürlich trotzdem treu, kommt ja doch keine Andere an Dich ran. Wird schon irgendwann wieder was mit uns, so kameramäßig. Aber die 50d war es wohl nicht,

Dein Sebastian


Gute Band, schlechtes Album (I)

REM – „Around The Sun“
(2004/Rock)

Drei Jahre nach dem schon leicht schwächelnden Sommeralbum „Reveal“ war bei R.E.M. 2004 endgültig die Luft raus: „Around The Sun“ dudelt seicht und belanglos zum einen Ohr rein und direkt zum anderen wieder hinaus. Streckenweise stellt sich die Frage, wie Michael Stipe es schafft, so gelangweilt zu klingen und gleichzeitig so wenig erinnerungswürdige Melodien zu finden, denn einige der Songs scheint man direkt nach dem Anhören schon wieder vergessen zu haben. Wäre auf dieser Platte mit ‘Leaving New York’ nicht wenigstens ein starker Song enthalten, müsste man sie als komplettes Desaster bezeichnen. Zum schlechtesten REM-Album reicht es aber auch so. 3/10

Abschreckendes Beispiel: ‘Make It All Ok’ (hier).

Satyricon – „Now, Diabolical“
(2006/Black Metal)

Satyr (bürgerlich Sigurd Wondgraven) verwirft alle vorherigen Überlegungen zum elitären und einzigartigen Genre Black Metal und spielt nur noch simple Black ‘n’ Roll-Riffs, zu denen er eingängige Zeilen wiederholt. Man könnte fast glauben, er wolle Hits schreiben. Verübeln kann man es ihm nicht, war der geniale Rocker ‘Fuel For Hatred’ des Vorgängeralbums „Volcano“ doch ein paar Jahre vorher in aller Ohren. Erzwingen aber kann man einen solchen Song nicht und so verliert sich das Satyricon-Album „Now, Diabolical“ In Substanzlosig- und Oberflächlichkeit, die weit entfernt vom klirrenden Schwarzmetall der frühen Tage oder dem radikalen und avantgardistischen Industrial-Black Metal von Rebel Extravaganza“ ist. 3/10

Abschreckendes Beispiel: ‘K.I.N.G.’ (hier).

Nine Inch Nails – „With Teeth“
(2005/Industrial-Rock)

Der bewusste Verlust der Ausnahmestellung: Waren Trent Reznors Nine Inch Nails vor diesem Album eine Band, die nur alle fünf Jahre ein grandiose Veröffentlichung auf den Markt brachte, begann mit dem radio- und alternative-freundlichen „With Teeth“ ein klein bisschen der Ausverkauf. Man merkt diesem Album an, wie sehr Reznor endlich in die Indie-Discos und die Rock-Charts will, die Nine Inch Nails, vorher kompromisslose Industrial-Rocker, klingen hier stellenweise wie die Foo Fighters, freilich ohne guten Gesang eines Dave Grohl. Die Fratze des Mainstream-Rock (oder schlimmer: das, was Reznor dafür hält) lugt um die Ecke, und auch wenn es ein paar gute Tracks auf der Platte gibt, ist sie insgesamt doch das Gegenteil ihres Titels: ziemlich zahnlos. 5/10

Abschreckendes Beispiel: ‘The Hand That Feeds’ (hier).


Musikalische Fundstücke (XVI): Bushido und der Melodie-Klau

Die schon seit einiger Zeit bekannte Geschichte mit den unerlaubten Melodien (manche sagen auch wertender „Plagiate“ dazu) von zwei Metal-Bands in den Songs des Gangsta-Rappers Bushido (bürgerlich Anis Mohamed Youssef Ferchichi), die sogar der Bild schon eine recht reißerische Schlagzeile wert war („Satanisten-Rocker klagen: Bushido hat uns beklaut!“) hat es jetzt auch zu Spiegel TV geschafft. In dem recht sehenswerten Bericht wird sehr deutlich, dass sich Bushido mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehrfach bei den norwegischen Black-Metallern Dimmu Borgir und der französischen Gothic-Band Dark Sanctuary bedient hat. Spiegel TV hat sich sogar die Mühe gemacht, nach Norwegen zu fliegen und den Gitarristen Silenoz (bürgerlich Sven Atle Kopperud) und den den Keyboarder Mustis (bürgerlich Øyvind Johan Mustaparta) von Dimmu Borgir zu dem Thema zu interviewen, die sich beide als recht intelligente Burschen entpuppen.

Zwei Worte zu der Sache an sich: Natürlich gehört Sampling genau so sehr zum Genre HipHop wie Power chords zum Metal, das ist gar keine Frage. Aber zum einen ist es eine Selbstverständlichkeit, bei der Verwendung eines Samples bei der entsprechenden Plattenfirma die Rechte einzuholen und einen entsprechenden Betrag dafür zu bezahlen, zum anderen ist die komplette Eins-zu-Eins-Übernahme von Melodien weit mehr als nur ein Sample. Im Grunde bilden die Melodien der beiden Bands, um die es geht, nämlich das komplette Fundament der entsprechenden Bushido-Songs. Videos mit genauen Vergleichen der Songs gibt es auf youtube zuhauf, es wäre müßig, darauf im Einzelnen zu verlinken.


Review: John Frusciante – “The Empyrean”

Kürzlich, in einem Interview mit einer Musikwebseite zu dem Album, um das es hier gehen soll, ließ John Frusciante ganz beiläufig eine Bombe platzen: Auch nach über einem Jahr Pause hätten die Red Hot Chili Peppers momentan keinerlei gemeinsame Zukunftspläne. Der durchschnittliche Musikkonsument schlägt bei dieser Meldung die Hände über dem Kopf zusammen, der Kenner freut sich im Stillen, ist es doch ein offenes Geheimnis, dass die musikalische Qualität von Frusciantes Soloalben schon seit fast zehn Jahren weit, weit über der seiner Hauptband liegt, die, von ein paar Ausnahmen (‘Zephyr Song’) mal abgesehen, nur noch substanzloses, radiokompatibles Gedudel fabriziert.

Frusciantes zehntem Soloalbum „The Empyrean“ gelingt hingegen das Kunststück, sein reifstes und sein experimentellstes Album zugleich zu sein. So lange Songs gab es noch nie, ein solch (in sich, versteht sich) geschlossenes Konzept hatte er noch nie und noch nie gab er sich sich ausführlich tatsächlich psychedelischen (und nicht nur atonalen, wie auf seinen frühen Platten) Passagen hin wie auf „The Empyrean“. Diese Songs sind nicht einfach bei einigen Jam-Sessions aus dem Ärmel gefallen, sie wurden mit viel Mühe ausgearbeitet und arrangiert, das ist vielleicht der am deutlichsten hörbare Unterschied zu den Vorgängeralben. Sie enthalten deutlich mehr Instrumentierung, Flea ist am Bass dabei, irgendwo auch der Ex-Smith Johnny Marr als zusätzlicher Gitarrist, viele elektronische Elemente und, ab der zweiten Hälfte, fügen sich auch noch eine Menge Streicher- und Klavierarrangements zu einen dennoch homogenen Gesamtsound zusammen. Gleichzeitig aber, und das muss man deutlich festhalten, sind hier richtig große Songs enthalten. Diese beiden Pole des Albums, die komplexen Arrangements und die Songfixierung werden gleich zu Beginn abgesteckt, wenn ‘Before The Beginning’, ein neunminütiger Instrumental-Track, und die vergleichsweise eher spärliche Coverversion vom Tim Buckleys ‘Song For The Siren’ das Album eröffnen. Danach folgt ein bunter, trippiger Wald aus purer Melodie, der von dem schon bekannten ‘Unreachable’ über das vielschichtige ‘Central’ bis hin zum besten Song der Platte mit dem bezeichnenden Titel ‘God’ reicht. Stellenweise verheddert sich die illustre Truppe um John Frusciante (dabei sind außer Flea und Marr noch Josh Klinghoffer, die New Dimension Singers und ein paar andere Musiker) zwar auch schon mal ein bisschen in ihren Ambitionen, was vor allem außerhalb des Kontext dieses Albums eher peinlich wirken dürfte (das richtig surreale ‘Dark/Light’ gleitet von einem orchestralen, mit Klavier untermalten Track in ein elektronisches Loop, bei dem John mit Kopfstimme engelsgleich seine Melodien intoniert), und bei manchen Songs würde man doch zu gerne die Version nur mit John an der Gitarre und ohne die Tonnen von Sphärenklängen hören, aus der Innenperspektive sind jedoch keine logischen Fehler zu verorten.

„The Empyrean“ ist insgesamt sicherlich nicht das stärkste John Frusciante-Album geworden (das bleibt weiterhin das spontan-depressiv-großartige „The Will To Death“), der bisher eigentlich immer vor allem dann glänzte, wenn er seine vielen, vielen Ideen möglichst unbearbeitet auf CD bannte, aber man sollte dieses Album, das aufgrund seiner relativ aufwendigen Struktur einige Zeit braucht, um zu wirken, keinesfalls unterschätzen: Wenn sich die Welt von „The Empyrean“ dem Zuhörer erst einmal geöffnet hat, dann wirken die vermeintlich spärlich gesäten Hits des Albums  plötzlich nur noch wie die Einstiegstracks in eine faszinierende, andere Seite von John Frusciante, die uns einen Musiker zeigt, der noch verdammt viel mehr Ambitionen zu haben scheint, als einfach nur ein paar eigene Songs aufzunehmen. Am Ende passt der Tim Buckley-Song dann nämlich doch noch perfekt zu diesem Album.

7/10 Punkten.


Side note: Ärgerlich: Lediglich die Japaner bekommen beim Kauf des Albums gleich zwei zusätzliche Tracks: ‘Today’ und ‘Ah Yom’, die nur den Titeln nach wie b-Seiten klingen, sich in Wahrheit aber doch recht gut in den Fluss dieser Platte integrieren. Amazon.com hat den Japan-Import für nicht wirklich kundenfreundliche 35 Dollar im Programm.