Nanoskop (XX)

Ich lebe so schnell, dass die nostalgischen Erinnerungen direkt einsetzen, nachdem ich jemanden zum ersten Mal getroffen habe. / World of Schwerkraft (Aufstehphysik) / Kann mal bitte jemand das Wort „Paraphrase“ umschreiben? / Sechsfüßiger Heptameter mit Phantomschmerzen. / „Todessehnsucht und riesige Angst zu sterben gleichzeitig zu haben, das schaffen nur die Guten.“ / Trendthema denglische Beleidigungen. Heute: „Completely Ringelnatz.“ / Feedbackkanalisation. / Gedankenblitz: Ich gehe zur Therapie und spiele dort Dich, nur um herauszufinden, was mit Dir nicht stimmt. / „Ich würde mich gerne dumm operieren lassen, damit ich besser mit meinen Mitmenschen auskomme.“ – „Häh?“ – „Genau.“ / Mein Leben lang dem roten Faden gefolgt. Stehe plötzlich vor einem halben Wollknäuel und weiß nicht weiter. / Hände, Redensarten, Wortaccessoire: Buntgeknutscht und Ukulelenlied. / In der Luft hängend. Über Treibsand.


Butterflight (2012)

butterflight - raventhird.de

Model: Alex.

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Kleines Shitstormlexikon für Einsteiger.

Professioneller Shitstormstarter.

Mensch vom Typ empörter Blogger aus dem Großthemenbereich Internet und Gesellschaft. Ist drei bis viermal pro Tag “völlig sprachlos und entsetzt” über kleinere Nichtigkeiten und verlinkt diese tatkräftig, immer in der Hoffnung, dass die Retweets seiner Anhänger sich zu einem echten Shitstorm ausweiten und ihm noch mehr ergebene Fans bringen, die ihn irgendwann in der Zukunft als einflussreichen Internetaktivisten oder investigativen Journalisten feiern, so dass er in den alten Medien, die er eigentlich massiv ablehnt und zum Sterben verurteilt sieht, neben Politikern sitzen und das Netz erklären darf. Der professionelle Shitstormstarter lebt von der Aufmerksamkeit seiner Zuleser. Damit ihm diese gewogen bleibt, ist er dazu verdammt, permanent nach der nächsten Sau zu suchen, die durchs Dorf getrieben werden kann, was ihn dazu zwingt, jede kleinste Meldung und Nichtmeldung, die er irgendwo verlinkt sieht, auf eventuell vorhandenes rassistisches, antifemininistisches, fortschrittsfeindliches, und politisch unkorrektes Empörpotential abzuklopfen.

Mitläufer.

Hat meist nur ein paar hundert Follower auf Twitter und selbst nicht viel zu sagen, tritt mit Anzug-Profilbild und Echtnamen auf, weil ihm teuere Social Media-Experten im Fortbildungs-Seminar erklärt haben, dass man den meisten Erfolg in Sachen Personal Brand Building hat, wenn man authentisch rüberkommt. Eine Meinung abseits des Mainstreams ist ihm fremd, er hinterfragt grundsätzlich nur selten Dinge und ist damit der perfekte Motor jedes guten Shitstorms. Der Mitläufer retweetet die Empörung des professionellen Shitstormstarters mit Freude, weil er glaubt, dadurch ein kleines Stückchen dessen vermeintlichen Glanzes und Ruhms abhaben zu können. Darüber hinaus zählt für ihn vor allem der interaktive und mit nur einem einzigen Klick zu bewerkstelligende Event- und Protestcharackter eines Shitstorms, schließlich war er selbst ganz vorne mit dabei, damals, als (irgendwas mit einem Sack Reis).

Trittbrettblogger.

Erscheint erst dann auf der Bühne, wenn das Unwetter schon in vollem Gange ist. Wartet geschickt ab, bis sich der Shitstorm zu durchschlagender Wucht formiert hat, aber schon knapp vor den Peak ist, um dann seinen bereits vorformulierten und keywordoptimierten Artikel zum Thema zu publizieren, vor dem geistigen Auge die in die Höhe schnellenden Trafficstatistiken, die er sich davon für sein kleines Blog erhofft, in dem er selten eigene Akzente setzt, das aber SEO-technisch perfekt aufgestellt ist und ihm daher jeden Monat ein paar Kröten über Google Ads einbringt. Hat er seinen Artikel veröffentlicht, schießt er ihn mit den nötigen Hashtags versehen mitten in den Shitstorm, dem er damit im Idealfall für ein paar Stunden noch einmal neues Leben einhaucht. Am nächsten Tag formuliert der Trittbrettblogger oft ganz stolz einen Nachfolgeartikel darüber, wie sein Server aufgrund der vielen Zugriffe fast durchglühte, den aber dann meist nur noch ein paar verirrte Spambots lesen und kommentieren.

Medienbegleitung.

Meist etwas später am Start als der Trittbrettblogger, ebenfalls motiviert von der Erkenntnis, dass sich mit Shitstorms massiv viele Leser auf die eigenen Präsenzen locken lassen, die in ihrem Wutrausch scharf darauf sind, sich noch weiter hochzujazzen. Typische Vertreter der Medienshitstormbegleitung wie Spiegel- oder Welt Online beschäftigen ausgewiesene Digital Natives, die im Auftrag des seriösen Journalismus noch einmal ausführlich ausrollen dürfen, worüber sich das Internet echauffierte und dafür von den in der Regel etwas weniger empörungsfreudigen Lesern der dazu gehörenden Printausgabe für die Belanglosigkeit ihrer Artikel in den Kommentaren nicht selten eins bis drei auf die Mütze bekommen. Das macht der Medienbegleitung aber nichts aus, denn Erfolg misst sich in ihren Metier grundsätzlich in Klicks und Reaktionen, egal welcher Art. Im Idealfall kann ein typischer Shitstorm durch die Medienbegleitung sogar in einer Klickstrecke (“die lustigsten Tweets zum Thema”) untergebracht werden, das erhöht zusätzlich die Anzahl der Impressions.

Schnelllebigkeit.

Erkennungsmerkmal jedes guten Shitstorms. Wer nicht direkt im Moment der Welle auf Twitter abhängt oder Admin der getrollten Präsenz ist, wird in der Regel von einem Shitstorm so gut wie nichts mitbekommen (es sei denn in Powerpoint-Slides von PR-Menschen mit Titeln wie “Die schlimmsten Internetpannen von Unternehmen”), denn nach 24 Stunden ist er in der Regel sogar von den Shitstormern selbst längst wieder vergessen. Versuche, ein paar Tage nach dem Shitstorm den oft natürlich nicht behobenen Missstand im Kern noch einmal detailliert zu betrachten oder sich nachhaltig mit dem zu Grunde liegenden Problem auseinandersetzen, ernten in fast allen Fällen nur ein müdes Gähnen oder verwirrte Blicke.

Paradoxe Beweismittelstreuung.

Essentielles und paradoxes Ritual jedes Shitstorm. Das möglichst breite Streuen des “schockierenden Beweismaterials” dient dabei gleichzeitig zur Legitimation der Empörung wie auch zu deren Erzeugung. Sollte das Video, gegen das man lautstark angeht, weil es zum Beispiel unter Gewaltverherrlichungsverdacht steht und vor dem Shitstorm drei Klicks hatte, vom Ersteller aufgrund der vielen erbosten Kommentare gelöscht werden, findet sich in einem guten Shitstorm immer jemand, der es auf sieben anderen Accounts wieder hochlädt, damit sich die Gemeinde in Ruhe weiter darüber aufregen kann, wie schlimm das Ganze ist und dass soetwas wirklich nicht in die Öffentlichkeit gehört. In ähnlicher Manier werden Artikel aus Lokal- oder Special-Interest-Publikationen auf Papier, die eigentlich keiner liest, eingescannt und auf alle Kanäle verteilt. Damit erzeugt jeder Shitstorm sein überdreht keifendes Publikum während des Akts der Empörung selbst, oder klagt, anders ausgedrückt, über den umfallenden Sack Reis, der niemanden interessiert hätte, hätte er ihn nicht selbst unter sich wiederholenden, lautstarken “Skandal”-Rufen umgeworfen.

Doppelmoral.

Dringend notwendiges geistiges Utensil zur begeisterten Teilnahme an Shitstorms, das bewerkstelligt, dass man die Mohammed-Karikaturen mit der Bombe als Turban mutig und provokativ finden kann, aber bei einem Werbespot, der mit Mann-Frau-Klischees spielt, einen Hals bekommt. Analog kann man mittels des für Shitstorms aller Art sehr hilfreichen Werkzeugs Doppelmoral gegen Copyright sein, und trotzdem komplett ausflippen, wenn einem ein Tweet geklaut wird oder total für Meinungsfreiheit im Netz und gegen Zensur sein, aber die Leute aufhetzen, wenn jemand einen Artikel schreibt, der nicht mit der Mainstreammeinung einhergeht und dann begeistert darüber twittern, wenn dessen Webseite vom wildgewordenen Mob gehackt wird.


Unbetitelt.

Meine Gedanken sind Schmerzfänger, ich zerbreche unter Erinnerungen. Das sind verflucht gute Erinnerungen, die Gegenwart hat nicht ansatzweise eine Chance, ihnen standzuhalten. Ich wünschte nur, das mit dem Zerbrechen ginge ein bisschen schneller, denn es tut so verflucht weh.

Hundert Päckchen Zigaretten später komme ich nicht zu mir, aber wenigstens halbwegs wieder zu Verstand. Gedankenendlager. Um mich herum nur irgendwelche Menschen, die ich unterträglich finde, aber unterwegs angesammelt habe, nur um die Guten auszusortieren und zu behalten. Die Guten sind seltener als Zehennägel bei Regenwürmern. Im Grunde erzähl ich bloß allen, dass ich hier weg will, damit mich irgendwann jemand anguckt und sagt: „Geh nicht“, denn in Wahrheit habe ich nicht die geringste Ahnung, wo ich eigentlich hin soll.


Nanoskop (XIX)

Pro-Tipp: Der Endgegner ist man immer selbst. / „Manchmal fahr ich nach der Arbeit noch in den Wald, nur um dort Springkraut abzuschießen.“ / Uferloses Treiben. / „Wenn Du den Kontakt zu mir abbrichst, dann rede ich kein Wort mehr mit Dir.“ / Second Hand-Glück. / „Mein Tech-Blog ist in den Top 50 der deutschen Blogcharts.“ – „Das beeindruckt mich so sehr, dass ich sofort mit Dir schlafen muss.“ / Ich mag Menschen, die „Nummer“ gleichermaßen als Synonym für ein Musikstück und Sex benutzen. / „Ab wann ging das eigentlich alles schief?“ – „Ich glaube, das war dieser Moment, in dem wir uns zum ersten Mal trafen.“ / In mir brodelts dermaßen, kannste Suppe drin kochen. / Hilflos inflationäre Kommunikation. / Selbstbildnis als b-Seite von dem Song, zu dem ihr tanzt. / Mäanderner Konsumproduktreigen aka Supermarktregal. / Im nächsten Leben will ich ausschließlich ungestört im Grab rotieren. / „Ok, hier ist der Plan: Wir treffen uns zum Fummeln in der Unantastbar. Ich bin der mit der Menschenwürde!“


Glass (2012)

glass - raventhird.de
Model: Luise.

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Kaskade 5-4

November. Der Monat, in dem traditionell kurz vor dem Winterschlaf noch alles den Bach runter geht, es gibt verdammt gute Songs darüber. Ich stelle mich ein auf ein paar kalte Monate mit kurzen Tagen ohne Dich, ich habe in dem leeren Zimmer meiner Wohnung Vorräte aus Zigaretten und Rotwein angelegt wie ein Eichhörnchen und die Schreibmaschine auf Körpertemperatur vorgeheizt, so dass ich mir beim Tippen einreden kann, dass McLuhan völlig Recht hatte und dass das alles kein so unnatürlicher Zustand ist, wie es sich oft anfühlt. Schreiben ist: Die eigene Seele vergewaltigen. Sie zu zwingen, alles rauszurücken, was drin ist und noch im letzten Winkel nach Resten zu kratzen, diese dann wild durcheinander zu mixen und falsch sortiert auf Papier zu kotzen, so dass am Ende keiner mehr erkennt, um was es eigentlich ging oder welcher Gedanke überhaupt Dein eigener war. Leider ist das alles in Vergessenheit geraten, seitdem der gute alte Erlebnisbericht aus Grundschulzeiten als Genre im Internet sein großes Revival erlebt.

Texte, die man ins Leben mitnehmen kann, haben nie eine knackige und in einem Satz zusammenfassbare Pointe. Witze und Binsenweisheiten schon, sie sind das Fast Food, dort, wo Zeitungsartikel, Blogeinträge und journalistische Texte mit aktuellem Zeitbezug inzwischen zu den Hauptmahlzeiten geworden sind. Nach ein paar Stunden hast Du in beiden Fällen jedesmal wieder Hunger, und wer weiß heutzutage eigentlich noch, was er vor drei Tagen gefressen hat? Von Fast Food wird man fett und krank. Aber was ist dann Literatur in dieser völlig unsinnigen Analogie? Ich verwerfe den Gedanken. Draußen vor dem Fenster werden Autofensterscheiben durch den ersten Frost ganz milchig und in meinem eigenen Erlebnisbericht steht, dass ich wieder nicht daran gedacht habe, Handschuhe und dicke Socken einzukaufen. Bringt sowieso nichts, das Frieren kommt immer von innen. Jemand, dem ich vor vielen Jahren nach dem Sex im Winter immer die Füße wärmen durfte, hat mir mal erzählt, dass Frauen mehr an den Extremitäten frieren, weil der weibliche Körper die in ihm vorhandene Wärme bei niedrigen Temperaturen mehr in die Mitte zusammenzieht, um ein dort eventuell vorhandenes Kind besser abzusichern. Mir gefällt die Geschichte, deswegen habe ich nie nachrecherchiert, ob sie stimmt. Wäre es unwahr, dann würde mir das die Illusion nehmen, dass die Natur über eine schwangere Frau im Schneesturm denkt: „Hör auf rumzuheulen und frier Dir Deine Scheißarme ab, Hauptsache ist doch: Ihr überlebt das hier beide“. Ich mag diese Illusion sehr. Sie ist ein bisschen so, als würde der statische Teil der Realität damit den schlimmstdenkbaren menschlichen Egoismus einfach per Gesetz unterbinden. Der Biologie entkommst Du niemals, selbst dann, wenn Du Dich weigerst, Kinder in die Welt zu setzen, kriegst Du Deinen Drang zur Schöpfung, zum Fortschritt, zur Evolution nie unter Kontrolle.

„Siri, was macht man, wenn die Verzweiflung überhand zu nehmen droht?“ – „Leg Dir ein dickes Fell aus Resignation zu, so dass es sich nur noch wie ein sanftes, aufmunterndes Streicheln anfühlt, wenn sie Dir den Rücken raufkriecht.“ Extensions of Man, haha, so nenne ich meinen ersten Friseursalon in dem dazu passenden Paralleluniversum, denke ich, meine Gedanken in rücksichtsloser Brutalität auf Twitterkompatibilität beschneidend. Ich tue mir nicht gut, aber wer solls denn sonst machen? Ich gucke mich um, und es weht zu dramatischer Musik und einem Windsample so ein kugelförmiges Gestrüpp durch das Zimmer, wie in einem alten Westernfilm kurz vor dem Duell. Mein Schatten steht hinter mir, denn außer dem Licht dieses Computers erhellt nichts den Raum. Selbst wenn ich schneller ziehen könnte, hätte ich keine Chance, ich müsste mich erst noch umdrehen, denke ich, da höre ich schon, wie er den Revolver spannt.


Tea Artist (2012)

tea artist - raventhird.de

(formerly known as Heißgetränk)


In eigener Sache: Findelkinder

Menschenphotographie, gesammelt und zum Projekt geschnürt: Die Findelkinder sollen in Zukunft der rote Faden für einen mir sehr am Herzen liegenden Teil meiner Arbeit werden, der hier im wilden Durcheinander ein bisschen untergeht. Selbstverständlich auch auf Facebook und Twitter zu finden. Über Feedback, „Likes“ und solchen Kram freuen wir uns sehr, noch mehr natürlich über Shooting-Anfragen.


Nanoskop (XVIII)

Ich schätze, die „Wer ist der attraktivste Mensch in meiner Umgebung, der mich ficken will?“-Definition von Liebe hat inzwischen gewonnen. / Will mich von dem Rudel Wildkätzchen adoptieren lassen, das bekanntlich unter aller Kanone lebt. / Strohhalm-Tarzan. / Paradoxer Internet-Phänotyp: Personen, die nur schreiben, was die Leute lesen wollen und sich gleichzeitig für „einflussreich“ halten. / „Bitte dramatisiere mich.“ / Kleine Städte sind viel menschlicher, aber man erlebt kaum Dinge. Ich frage mich, ob das ein Paradox ist oder doch eine normale Konsequenz. / Die drei ??? und Du. / „Mein Name ist Phrase, ich beweis gar nichts.“ / Zu gerne würde ich diesen Artikel mit Argumenten platthobeln, aber das Thema interessiert mich nicht genug, um dafür Lebenszeit aufzuwenden. / Falls jemand einen Job als Neuropeptid sucht: Die besten Achterbahnfahrten gibts in meinem Hypothalamus. / „Entschuldigung, falsch geboren.“


Zeitwärts (2011)

zeitwarts - raventhird.de

Model: T.


Hier.

Ich würde ihr gerne erklären, was sie tun kann, wie sie sich selbst davor schützen kann, erneut in eine solche Situation zu geraten, aber eine zehnjährige Drogenkarriere hat die Konzepte Vergangenheit und Zukunft aus ihrem Leben gefräst. Alles, was mehr als ein paar Tage zurück oder mehr als ein paar Stunden in der Zukunft liegt, spielt in ihrem Dasein keinerlei Rolle mehr. Maike wurde durch ihre schlecht getroffenen Entscheidungen in der Vergangenheit auf die pure Gegenwart geworfen, auf ein Leben im Hier und im Jetzt und sie meistert dieses Leben mit einer solchen Bravour, dass ich sie oft sogar ein bisschen um diese Existenzform beneide, auch wenn ich die äußeren Umstände und die Art der Menschen nicht ertragen könnte, die die Routine ihres Tagesablauf bestimmen. Es scheint dennoch so viel menschlicher, wie sie lebt, die Zeit als Faktor spielt in ihren Handlungen und Entscheidungen keine Rolle, während wir Idioten alle an der Vergangenheit kleben und auf die Zukunft große Hoffnungen setzen, nie aber wirklich bei uns ankommen.

Ich erinnere mich an ein Silvester, das ich mit ihr verbrachte. Ich hatte mich selbst eingeladen, weil ich kurz nach der Trennung von meiner Freundin den Jahreswechsel nicht alleine über die Bühne bringen wollte, sie wehrte sich zunächst gegen die Einladung, wiederholte das Mantra, dass es ihr Unglück bringe, wenn sie an diesem Tag nicht alleine wäre. Ich ignorierte ihre Bedenken und fuhr trotzdem zu ihr, weil ich nicht wusste, wohin ich sonst sollte. Um Null Uhr standen wir mit jeweils einer Flasche Bier in der Hand auf dem Balkon ihrer komplett verwahrlosten Wohnung in dieser nicht weniger verwahrlosten Kleinstadt und beobachteten das mickrige Feuerwerk, dass die dort lebenden Menschen zustande brachten. Sie wollte nicht ausgehen, nur vom Balkon aus das Feuerwerk gucken. Nach einiger Zeit fing ich an zu weinen. Sie kam zu mir rüber, umarmte und küsste mich, zeigte auf die explodierenden Raketen und ich sah noch einmal hin und verstand es. In den Minuten, die wir noch dort standen, war das jämmerliche Feuerwerk in dieser Scheißstadt plötzlich das Schönste, was ich jemals gesehen hatte.


Nanoskop (XVII)

Notiz an mich: Accountsperrung vortäuschen & den Trottel von der Theatertruppe meine Texte veröffentlichen lassen. Sein Name ist William. / Wonne, Künde, Lüfte. / Für die meisten Frauen untragbar, an Dir ein Anmutszeugnis. / Covere Led Zeppelin auf einem Butterbrot. / Wenn man das Scheitern vorab als ernsthafte Option mit einkalkuliert, dann fehlt eigentlich nur noch der Antrieb. / Frischer Wind in kleinen Dosen (luftdicht). / Dein Dein ganzes Umfeld bezauberndes Wesen provoziert meine inneren Inquisitoren. / In dem Kurs „Kreatives fiktionales Schreiben in der ersten Person Singular“ an der TU Münchhausen habe ich zu mir selbst gefunden. / Kommt, wir gründen die Global Village People. Ich bin der Gedankenpolizist. / Wir liegen zwischen Welten. / Zoff bei der Klebeband: Neues Tape „zu durchsichtig“, meint Sänger Tesa. / Salto mortale zurück ins Leben.