Ornaments (2012)
Model: Dini
Model: Dini
„Hey, ich habe eine Frage: Ich will gerne kochen wie ein paar Bekannte von mir. Die werfen einfach irgendetwas in den Topf und es wird oft ganz lecker. Welche Töpfe brauche ich denn dafür?“
„Es liegt nicht am Topf.“
„Meine Bekannten behaupten aber, dass es an den Töpfen liegt. Früher hatten sie nämlich andere Töpfe und sie sagen, dass das Essen viel besser wird, seitdem sie neue Töpfe haben. Einer von denen hat sogar schon mal für einen Cateringservice gekocht und Geld dafür bekommen.“
„Diese Leute haben einen an der Waffel.“
„Also, jedenfalls: Ich will jetzt auch so kochen wie meine Bekannten, was muss ich tun?“
„Lern Kochen. Ich kann Dir ein paar gute Rezepte geben, auch für Einsteiger.“
„Nein, Du verstehst mich nicht. Ich will keine Rezepte oder irgendwas durchlesen. Ich will einfach nur geil kochen, wie meine Bekannten. Welche Töpfe benutzt Du denn?“
Selbstbildnis im Morgengrauen. / Früher dachte ich, dass wir später heiraten. Doch dann schlug der jugendliche Irrsinn bei mir kreative Wurzeln, bei Dir in Schlimmeres um. / Leerstuhl für Verlustgeschichten. / Einer der besten Debattentricks ist die Phrase „in den USA ist man da schon weiter“. / Pizza „Schneemann“. / „Nee, nüchtern halten wir uns nicht aus.“ / Halte demnächst wieder einen Vortrag über effektives Content-Management auf Microbloggingdiensten in meinem Kopf. Dranbleiben für Infos. / Innere Hühnerkatz. / Terror von Rechts, Links, Vorne und Hinten. Fußgängerzone. / Ich gehe ab heute nicht mehr mit dem Gedanken „Du musst Dein Leben ändern“ ins Bett und erfülle damit die Forderung. / Gleich schlimm: „dauernd schwer beeindruckt“ und „immer schwer zu beeindrucken“. / Möchte unbedingt dabei mithelfen, wenn endlich diese „Denkverbote“ erteilt werden. / David, Foster, Wallace & Gromit.
Hassobjekt A im Spiegel deutlich sichtbar. Fischfrikadellen helfen gegen zu viel Vegetarismus. Kannst Du es nicht googeln, dann existiert es eigentlich gar nicht, das denken die wirklich. Die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft sucht Texte zum Thema „zeitgenössische Kunst digital“, der Link kursiert unter PR-Beratern, Social Media-Experten und Bloggern, die sich gegenseitig zum Mitschreiben auffordern. Ich lachte hart, Bernd. Hassobjekt B zieht seinen Slip mit einer verführerischen Hüftbewegung aus, nimmt ihn zwischen Zeigefinger und Daumen, zeigt ihn mir, lässt ihn dann auf den Boden fallen und wandert aus meinem Sichtfeld in Richtung Couch. Folgsam: Ich. Es ist so beschissen, dass die richtig guten Texte nicht im Netz stehen und dass das gar keiner von denen merken kann, die immer nur hier sind, weil sie dazu eben auch mal woanders rumlesen müssten. Ich habe einfach Vogelfutter in diesen langen Pflanzenkasten für den Balkon gekippt, vorher eine dicke Schicht Blumenerde, nachher eine dünne Schicht Blumenerde, fertig, zwei Tage später wuchs dort eine Menge Unkraut; ich finds verdammt hübsch. Hassobjekt A nimmt sein Ding in die Hand. Die Leute, die man wirklich anbeten sollte, weil sie anbetungswürdig sind, das sind fast immer die, die sich gar nicht anbeten lassen, die Dir eins auf die Fresse hauen, wenn Du es versuchst.
Ich habe kein Recht, Dich für Deine Handlungen zu verurteilen. Aber ich habe ein Recht dazu, Dinge zu fühlen. Wenn sich eine Handlung wie ein Verrat anfühlt, dann habe ich alles Recht der Welt dazu, einen Verrat zu proklamieren und mich von der Person fernzuhalten, die den Verrat begeht. Ich bin vorsichtig mit Menschen, weil ich weiß, dass sehr viele von ihnen langweilige, einfach gestrickte Wesen sind, die eine Andersartigkeit nur vortäuschen, um Interesse bei ihren Mitmenschen zu wecken. Ich warte lange ab, bis ich einer Person mein volles Vertrauen schenke und beobachte sie in der Zwischenzeit. Sehr oft stellt sich heraus, dass sie nicht vertrauenswürdig ist. Die Art und Weise, wie Du mir mitgeteilt hast, dass Du jemand anderen gesucht und gefunden hast, vordergründig wegen meines Abwartens, hintergründig deswegen, weil Dir im Prinzip egal ist, wer an Deiner Seite geht, weil es Dir niemals um mich, sondern um Deine Probleme mit Einsamkeit ging, sprach das Übrige. Es lag Triumph in Deinen Worten, als ob Du mit dieser Tat gegen mich gewonnen hättest, obwohl es nie irgendeinen einen Wettkampf zwischen uns gab. Es gar nur meine Zurückhaltung und sie war in Deinem Fall ganz offenbar sehr berechtigt.
Henne hoch, das ist ein Stallüberfall! / „Es gab da immer so eine komische Dynamik, dass Du der einzige Mensch auf der Welt für mich warst.“ – „Das nennt man Liebe, Du Depp.“ / Grübelt man darüber, warum sich jemand wie ein Arschloch verhält, dann vergisst man oft die naheliegendste Erklärung: Weil er eines ist. / Stark zerklüftet, ergo massiv. / Lebenslange Feldstudien, durchgeführt von Kartoffeln. / Leute, denen Gegenstände etwas bedeuten, verlieben sich auch in Photos von Dir. / Die wirklich wichtigen Menschen im Leben sind die, mit denen man schweigen kann, ohne dass es nach einiger Zeit merkwürdig wird. / Zwischen den Tagen lesen. / „Wenns nach mir geht, dann wird Dein Platz an der Sonne demnächst frei!“ / Du auf der Lauer, ich auf der Hut.
„Ich glaube, Du verstehst mich nicht. Ich will Dir Freiheit geben.“
„Ich will keine Freiheit. Ich will bloß Nähe.“
„Du willst keine Freiheit? Ich will aber Freiheit. Jeder will Freiheit. Das ist der große Menschheitstraum.“
„Freiheit ist in der Theorie etwas für Leute, die damit umgehen können. Ich kann nicht damit umgehen. Eigentlich kann das niemand.“
„Was meinst Du?“
„Diese beschissene Freiheit oder der Begriff, der Freiheit bedeutet, ist die schlimmste Erfindung unserer Generation. Freiheit, das ist unverbindliche Scheiße. Sich nicht festlegen, nie irgendetwas entscheiden. Ich kenne eine Menge Leute, die Freiheit als ein wichtiges Gut proklamieren. Es sind meistens genau die Leute, die nichts richtig auf die Reihe kriegen und am Ende niemanden haben, weil sie mal hier und dort irgendwas tun oder jemanden kennen, aber nichts richtig. Freiheit führt zu Einsamkeit und damit auch zu Unglück. Ich will mich für etwas entscheiden, ich will unfrei sein.“
„Du tust so, als wäre Einsamkeit etwas negatives. Dabei ist doch gerade Einsamkeit der einzige Zustand, in dem man sich selbst findet. Das glaubt immer keiner, weil das Paradoxe daran ist, dass es sich anders anfühlt. Es fühlt sich immer so an, als wäre Vernetzung und die Gesellschaft von anderen Menschen das, was einen zu der Person werden lässt, die man ist. Man glaubt, man wäre nichts ohne seine vielen Freunde und Bekannten. Ins Wahrheit ist man aber nichts, wenn man nicht alleine sein kann. Man ist nur abhängig.“
„Ja, und? Es gibt keinen Fehler an der Art von Vernetzung, die Du beschreibst. Was ist das Problem damit, wenn man Menschen um sich haben will, auf die man sich verlassen kann? Gibt es denn niemanden mehr, auf den man sich verdammt nochmal verlassen kann? Der nicht irgendwann mit einem schwammigen Freiheitsargument daherkommt und einem erklären will, dass sowieso alles relativ ist? Ich scheiße auf Leute, die mir damit ankommen, dass Einsamkeit nichts negatives ist und bleibe lieber bei meinen engen Freunden.“
„Das Problem damit ist, dass man nicht unabhängig ist. Man weiß nie, ob das, was man fühlt, ein echtes Gefühl ist, oder nur die wiederkehrende Angst vor der Einsamkeit, die man nie zu ertragen gelernt hat. Wenn man Angst vor dem Alleinsein hat, dann wirft man sich jedem an den Hals, der einem über den Weg läuft und gaukelt sich noch selbst vor, es wäre die große Liebe. Ist die Person weg, dann ist der nächstbeste Mensch aus dem näheren Umfeld an der Reihe. Das ist totaler Quatsch: Wie wahrscheinlich ist es denn, dass die Person, für die man wirklich gemacht ist, eine Person ist, die im gleichen Büro arbeitet? Soetwas kann nur unfreien Menschen passieren.“
„Das ist ja eine nette Theorie, die Du Dir da zusammengesponnen hast. Aber ich sag Dir mal was: Menschen, das sind auch nur Tiere. Und es gibt Tiere, die sind Herdentiere und dann gibt es Einzelgänger. Menschen sind sowas von ganz eindeutig keine Einzelgänger. Wir brauchen keine Freiheit. Wir brauchen eine Gruppe, in der wir uns wohl fühlen können. Eine stabile Gruppe. Alles andere füllt langfristig die Warteräume von Therapeuten in allen Großstädten. Und wie wir uns diese Gruppe zusammensammeln, ob es die eigene Familie oder die Clique oder die WG ist, das ist dabei sowas von irrelevant.“
„Das Gegenteil macht die Therapieplätze so kostbar. Was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist, dass er einen Willen hat. Und einen Verstand. Wir können uns entscheiden. Du kannst Dich entscheiden, ob Du ein willenloses Etwas bist, das davon gelenkt wird, dass es unbedingt mit anderen Leuten abhängen muss und es alleine nicht aushält, oder ob Du es schaffst, der Einsamkeit zu begegnen. Einsamkeit ist, wenn ich es aus Deiner Sicht betrachte, der einzige Endgegner. Aus meiner Sicht ist sie mein bester Freund. Wenn Du glücklich mit Dir selbst bist, dann ist alles andere das Sahnehäubchen und Du kannst überall sein, wo Du willst und bist glücklich.“
„Ich will gar nicht überall sein. Ich will bei Dir sein.“
„Ich auch. Aber ich will Dich nicht brauchen. Ich will es sein, weil ich es will, nicht, weil ich es muss.“
„Ich muss auch nicht. Es gibt ziemlich viele Menschen in dieser Stadt, die ich kennenlernen kann. Ich habe auch die Wahl, ob ich Dich wirklich will oder jemand anderen.“
„Hör auf mit diesem Scheiss. Sowas will ich nicht von Dir hören. Es verletzt mich, wenn Du das sagst.“
(Beide:) „Jetzt haben wir plötzlich die Rollen getauscht!“
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(Für J.)
Traumberuf Schmuckeremit. / Ein Reiter und ein Steigbügelhalter, aber weit und breit kein Pferd. / Einfach mal in Deinem Kopf rumdenken, das wärs. / Kannst Du Dich selbst noch verblüffen? / „Kann ich mitmachen?“ – „Ja, klar.“ – „Jetzt hat es irgendwie seinen Reiz verloren.“ / Träume abgeschminkt. Hilft nicht. Jetzt sind sie hässlicher als zuvor, wollen aber trotzdem wieder mit mir Pläne schmieden. / „Mach Dich nicht lächerlich.“ – „Ich mache mich seit über zwei Jahren für Dich lächerlich, was macht das noch für einen Unterschied?“ / Du bist mein Fisch in der Brandung. / Je größer das Karussell ist, desto perfekter wirkt die Illusion, dass man sich darauf nicht im Kreis dreht, sondern vorwärts bewegt. / „Ich möchte respektiert und geliebt werden. Könnten Sie mich also zu einem völlig normalen, egozentrischen Arschloch therapieren?“ / Hornissennestwärme. / Die Steine sehen alle so gleich aus, dass ich ständig vergesse, welche ich schon umgedreht habe. Sisyphos winkt mir ausm Bus zu.
Es ist Dir alles so gleich und eintönig und gerade diese Gleichheit und Eintönigkeit macht es alles so fremd. Du kannst Dich nicht mit ihnen identifizieren, egal, wie sehr Du Dich dazu zu zwingen versuchst. Wie zum Teufel sollst Du je Spaß an diesen Dingen finden, für die sie sich tageinaus aufs Neue begeistern, als wären es die größten Sensationen, die die Welt je gesehen hat, ihre lustigen Bildchen auf Facebook, ihr stumpfes Voyeurfernsehen, ihre öden Gespräche auf noch öderen Parties, ihre Vorliebe dafür, einem Spiel zuzusehen, bei dem völlig fremde Menschen einem Ball hinterherlaufen, ihr Sinn für Humor, der einfach so anders ist als der Deinige und ihre Unfähigkeit, sich aus sich heraus für irgendetwas zu begeistern, für das sich nicht mindestens auch fünf andere Leute in ihrem Umfeld begeistern, so dass sie bloß mitlaufen und keine eigene Anstrengung investieren müssen und so vieles mehr? Du schaffst es vielleicht ein paar Mal, ein Interesse für diese Dinge vorzutäuschen, Dich kurz darauf einzulassen, alles abzuschalten, das sich in Dir wehrt, so zu tun, als wärst Du doch auch einer von ihnen, aber am Ende bleibt es Dir vom Kopf her eine völlig fremde Welt, an der Du nie teilhaben wirst und wenn Du es wagst, das offen zuzugeben, dann beschimpfen sie Dich als arrogant und überheblich und dann bist Du nicht mehr der merkwürdige Typ mit den sonderlichen Interessen, sondern der überhebliche Typ, der sich mit den Sachen nicht zufriedengibt, die doch alle tun und die jeder gut findet, der sich immer nur abgrenzen will und dann wirst Du noch fremder, als Du es bereits bist.
Es ist Dir alles so gleich und eintönig und so setzt Du Dich jeden Abend hin und schreibst über diese Fremdheit, immer in der Hoffnung, dass es da draußen wenigstens einen anderen Menschen gibt, der die Dinge so empfindet wie Du sie empfindest und dass diesen einen Menschen die Flaschenpost erreichen könnte, weil Deine Natur Dich dazu zwingt, andere Menschen zu suchen. Du hasst Deine Natur oft dafür, dass sie Dich zu so einem Mangelwesen gemacht hat, das Trieben und Zwängen unterworfen ist wie ein Tier, das eine Herde suchen muss, die es scheinbar gar nicht gibt und versuchst gegen diese Natur in Dir zu kämpfen, obwohl Du weisst, dass Du nicht gewinnen kannst. Zu anderen Zeiten wieder resignierst Du angesichts dessen, was in Dir ist und was Du nie besiegen kannst, streckst die Waffen und beginnst auch im echten Leben nach Menschen zu suchen, die Dir ähnlich sein könnten. Manchmal glaubst Du dann, eine solche Person gefunden zu haben, die Du tatsächlich mögen könntest, jemanden, der Teil Deiner verlorengegangenen Herde sein könnte, aber dann geht entweder gleich alles schief oder irgendwann viele Jahre später, in denen Du nicht einmal geahnt hast, dass doch irgendetwas nicht stimmt, die Gründe verstehst Du selten richtig, denn Du wolltest dem Anderen ja nie etwas Böses, im Gegenteil hast Du doch Dein ganzes Leben nur nach ihm gesucht.
Es ist Dir alles so gleich und eintönig und so irrst Du weiter und drehst Dich im Laufe der Jahre nur dauernd im Kreis und bevor Du es bemerkst, bist Du selbst gleich und eintönig geworden, nur auf Deine eigene, ganz besondere Art und Weise.
Gegenwärtig eher heimlich:
Tendenzen gegen das Vielleicht.