Der Selbstkritiker (VI)

Dem Blog fehlt es in letzter Zeit an Struktur. Es ist zu bunt, zu chaotisch, zu non-linear. Das ganze sah wesentlich professioneller aus, als sich wiederholend immer zwei Gedichte (oder ein Gedicht und ein anderer Text) und ein Schwarzweißfoto die Klinke in die Hand gaben. Dorthin zurück, das muss das Ziel sein.


Der Selbstkritiker (V)

Mhm. Das dürfte reichen, um knapp 50% deiner Besucher zu verschrecken und den Rest davon zu überzeugen, dass Du psychisch gestört bist.


Briefing (V)

Lieber Guillermo Del Toro,

Mit extrem viel Vorfreude habe ich mir heute zum ersten Mal Ihren Film ‘Pans Labyrinth’ angesehen. Ich habe mir Chips und Bier bereitgestellt, das Zimmer abgedunkelt, alles so vorbereitet, als würde ich den Film nicht ganz alleine sehen, sondern auf einer großen Leinwand. Ich verrichtete keine ablenkenden Tätigkeiten nebenbei, wie bei mir üblich, wenn ich den gewöhnlichen Hollywoodschrott zur puren Unterhaltung sehe. Kurz: Ich war voll konzentriert auf Ihr Werk. Lassen Sie mich das Fazit dieses Briefs vorwegnehmen: Es half nicht.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich mag es, wie Sie eine realistische Geschichte über den spanischen Faschismus und eine Fantasystory parallel erzählen, ich finde diese Grundidee sehr innovativ, ich liebe die Bilder, die sehr beeindruckende Kameraarbeit fasziniert mich und die nicht übermässig eingesetzten Spezialeffekte sind definitiv herausragend, aber irgendwie fehlt dem Film das entscheidende Element, die Art von Zauber, die ein guter Film haben muss oder wenigstens eine einzige überraschende Wendung. Wenn ich darüber nachdenke, was mich am meisten enttäuscht, dann muss ich an erster Stelle den Plot an sich nennen. Ein paar Soldaten kämpfen im entlegenen Hinterland gegen Guerilla-Krieger, es gibt eine handvoll Verräter im Lager, ein Mädchen muss drei Prüfungen bestehen, jede davon in ihrem Ablauf vorhersehbarer als die nächste. Sie erzählen in knapp zwei Stunden eine Geschichte, bei der jeder einzelne Schritt einem halbwegs intelligenten Zuschauer schon lange vorher klar ist und bei der die oft in den Rezensionen so sehr in den Vordergrund gestellten Fantasy-Elemente leider jederzeit nur Nebenschauplatz bleiben. Kennt man den gehörnten Pan und das Wesen mit den Augen in den Händen bereits aus dem Trailer oder von Promofotos, hat man irgendwie schon alles gesehen, was an dem Film sehenswert ist, in dem Punkt ist ‘Pans Labyrinth’ nicht unählich dem russischen, viel Action- und Sci-Fi-lastigerem Debakel ‘Wächter Der Nacht’.

Ich bin, Herr Del Toro, derweilen in jedem Fall verblüfft, wie wenig heute ausreicht, um einen in allen Kritiken hochgelobten ‘Kultfilm’ zu fabrizieren und sogar drei Oscars (!) zu gewinnen: Man mische einfach zwei an sich nichtssagende, straight ablaufende Geschichten ineinander und benutze als Bindeglied ein kleines Mädchen, um das ganze als ‘Erwachsenenmärchen’ deklarieren zu können. Ich hatte nach dem ganzen Hype und den auch durchweg positiven Reaktion von diversen Freunden einen Film erwartet, der sich locker in meine Alltime Top50 oder gar Top25 zaubert. Aber diesen Film sah ich heute nicht, sondern nur ein eher unbedeutendes Kitschfilmchen, das glatt an meinem Erinnerungswürdigkeitsorgan vorbeirauschte. Statt einer surrealeren und gleichzeitig realistischeren Version von Terry Gilliams ‘Brother’s Grimm’ oder einer ‘Herr Der Ringe’-Version von Alice In Wonderland, was in etwa das war, was die Presse mich erwarten ließ, bekam ich nur einen beliebigen Kriegsfilm mit Schneewittchen-Elementen. Auf einer Skala von eins bis zehn für mich leider nur eine sechs.

Mit freundlichem Gruße,

eine Stimme mit einer sich der Mehrheit nicht anschliessenden Meinung, die sicher nicht zur abschliessenden Bewertung ihres Werkes beitragen wird.


Der Selbstkritiker (IV)

Vorsicht, vorsicht. Lass das Blog nicht zu sehr in Surrealismus und Groteske abgleiten, sonst liest es am Ende kein Schwein mehr.


Briefing (IV)

Lieber Wayne Wang,

Sie haben es doch tatsächlich geschafft, mich zu verblüffen. Nachdem ich im Laufe meines Lebens eine gefühlte Anzahl von zehntausend schlechten Hollywood-Filmen gesehen habe, war ich davon überzeugt, dass mich nichts mehr schockieren könnte, aber ihr Machwerk von 2002 namens “Maid in Manhatten”, das ich vor kurzem konsumieren durfte, unterbietet locker alles, einschließlich meinem bisherigen Lowlight, der abrundtief schrecklichen, alle Horror-, Fantasy- und SciFi-Genreschwächen vermischenden Comicverfilmung “Van Helsing”.

Es sind nicht nur die miesen Schauspieler und die extrem klischeehaften Rollen, allen voran eine völlig hölzern-stereotype Jennifer Lopez, die Ihren Film, der wohl soetwas wie eine romantische Komödie, im übrigen ein Genre für das ich tatsächlich eine peinliche Schwäche habe, darstellen soll, zum für mich schlechtesten Film aller Zeiten machen, sondern auch die pathetischen Nonsense-Dialoge, die unfassbar dilettantische Kameraarbeit, die gruselige Musik und die nicht vorhandene Handlung. Und letzteres ist nicht im postmodernen Sinne zu verstehen, im Gegenteil: Ihr Film wirkt, als hätte man alle romantischen Komödien zwischen 1985 und 1995 auf den schlechtesten gemeinsamen Nenner gebracht und dabei den Humor komplett herausgeschnitten. Dass man dazu in der zweiten Hauptrolle einen als Pseudo-Gutmenschen agierenden, republikanischen Lokalpolitiker bewundern darf und Richard Nixon im Film als missverstandener Held (!) dargestellt wird, ist eigentlich nur noch Nebensache, vor allem angesichts solchen Stellen wie der, an der das Happy End längst greifbar ist, sie aber nochmal minutenlang die leere Strasse vor dem Hotel filmen, dazu eine akustische Gitarre erklingen und ein paar Herbstblätter ins Bild regnen lassen, was man auch “schwermütige Stimmung erzeugen für Vorschulfilmer” nennen könnte.

Mich wundert es jedenfalls nicht, dass wir die Videokassette geschenkt bekamen und es dürfte sie nicht wundern, dass wir sie wohl dennoch zurückgeben oder in den Müll werfen werden. Ich fühlte mich beim Ansehen ihres Films wie der eigentlich intelligente kleine Junge, der in einer Szene zwei Science-Fiction-Plastikspielzeuge mehrmals hirn- und wortlos aneinanderstösst, was wohl seinen Frust verdeutlichen soll. Ich hoffe sehr inständig, dass ich nie wieder einen Film von Ihnen werde sehen müssen. Schon die Vorstellung davon bereitet mir schlimme Alpträume.

Ihr für diese Erfahrung dennoch dankbarer
Sebastian B.

PS: Ernsthaft, jetzt: Bitte, bitte, lassen sie das mit dem Regieführen doch in Zukunft sein. Es gibt so viele andere tolle Dinge, die man mit seinem Leben anstellen kann. Zum Beispiel von Hochhäusern runterspringen.
PPS: Falls das Ganze doch eine perfekt getarnte, sarkastische Parodie war, lassen Sie es mich wissen. In diesem Falle sind sie ein perfides Genie, Sir.


Der Selbstkritiker (III)

Uh-oh. Extremer Kitschalarm. Diese Crazy-Killer-Schrift ist designtechnisch mindestens genauso Emo wie der Inhalt der Botschaft. Love und Suicide, Schwarz auf Rosa, das geht schon seit Jahren nicht mehr, das ist 15-jähriger-Pseudopunk-Mädchen-Stil, und das Ganze sieht insgesamt noch nicht mal besonders professionell aus, zudem hast Du nicht dieselbe Wingdings-Version wie der Botschaftsempfänger und musst deswegen andere Symbole verwenden, aber das weißt Du doch alles. Warum machst Du’s also trotzdem?


Der Selbstkritiker (II)

“Wenn Du betrunken in dieses Blog postest (total Zeitgeist und völlig Hip, wie ich rede, nicht?), dann endet das fast immer in ekelerregender Melodramatik, die Dich für jeden, der Dich nicht näher kennt, als EMO-Kind dastehen lässt, weil sowas wie die “Ich-bin-sensibler-Künstler”-Nummer heute einfach nicht mehr angesagt ist. Der Letzte, der in seinem Selbstmitleid baden und dabei cool aussehen konnte, war Kurt Cobain, aber selbst der hat es gewusst: Im Alter droht Gesichtsverlust, hahaha, also bitte: Lass es einfach. Und, Nein: Gefühlsduselige SMS an Leute schreiben, die zufällig in Deinem Handyspeicher gelandet sind, ist dann genausowenig ‘ne gute Alternative, wie Ähnliches bei irgendwelchen Web-2.0-Diensten wie dem unvermeidlichen StudiVZ zu tun. Ich weiß, dass Du zumindest virtuell sehr kommunikativ bist, aber heute üben wir die Abstinenz, also geh’ verdammt nochmal einfach ins Bett, Maestro, und träum’ irgendwas surreales von adligen, porzellanhäutigen Hofdamen aus dem 16.Jahrhundert, denen Lederpeitschen aus den Augenhöhlen wachsen.”


Der Selbstkritiker (I)

“[...] aber wenn Du jetzt dauerhaft anfangen wirst, hier Haustierbilder und Schnulz zu veröffentlichen, dann ist dieses Blog so gut wie tot, ich geh gleich kotzen, pfuideibel.”


Wo sind die älteren Beiträge?

Gute Frage.

Das Weblog “Die Irrlichterkette” ist der seit 2008 auf meiner eigenen Domain gehostete Umzug eines seit vor vielen Jahren auf Blogger gepflegten und eher privaten Netztagebuchs mit dem merkwürdigen Titel “Art, Love und schneeblinde Sinnwundheilung”.

Ich habe zwar aus Gründen der Vollständigkeit die meisten der Beiträge hier wieder ins System eingepflegt und neu verschlagwortet (über 1000 Stück), aber einige sehr alte Postings (vor Mai 2007) haben den Weg auf die neue Präsenz nicht geschafft. Das hat den schlichten Grund, dass sich mein Schreiben im Laufe der Zeit auf ein höheres Niveau bewegt hat und ich den ganz alten Kram einfach deutlich zu schlecht finde, um ihn weiter in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es sind auch so schon genug wirklich grauenhafte Passagen pathetischen Befindlichkeitsmülls aus früheren Jahren an Bord.