Briefing (X)

Ihr netten Streifenpolizisten, die ihr mich heute vor dem Praktiker anhieltet,

man mag es für eine nette Geste halten, dass Ihr mit die Strafe für das Nichtmitführen eines Warndreiecks erlassen habt, weil ich heute Geburtstag habe. Wenn man allerdings die Umstände berücksichtigt, unter denen diese “allgemeine Verkehrskontrolle” zustande kam und die Art, wie Ihr mich dabei behandelt habt, dann könnte man leicht zu dem Schluss kommen, dass “selbstherrlich” doch der bessere Begriff für Euer Verhalten ist. Ich wollte lediglich zum Baumarkt fahren und mir dort Farbe kaufen, um heute ein bisschen zu malen. Zugegeben, ich trug dabei ausschließlich schwarze Kleidung und ich habe nun einmal lange Haare. Dass das für Euch, die Ihr mir auf der Hauptstrasse zunächst entgegen kamt, Grund genug war, um einen U-turn hinzulegen und mich bis auf den Parkplatz des Baumarktes zu verfolgen, mag man noch mit mit irgendwelchen Schulungen erklären können, die Polizisten, insbesondere in Bayern, mitzumachen haben (“lange Haare, das heisst Probleme”). Aber dass Ihr dann mit mir das Spielchen “Guter Cop, Böser Cop” zu spielen versucht habt und mich derjenige von euch, der den guten Cop spielte, in ein lässiges Gespräch über Drogenkonsum im Allgemeinen zu verwickeln versuchte, um mir irgendwelche selbstbelastenden Aussagen zu entlocken, die ich leider mangels Erfahrung mit dem Thema nicht machen konnte, während der Andere mit todernster Mine im Fahrzeug meine Autonummer irgendwohin durchfunkte, fand ich dann schon ziemlich verstörend in dem Sinne, dass ich dachte, wir würden im Jahr 2008 leben und die alten Klischees würden langsam, aber sicher nicht mehr gelten. Ihr habt mich eines besseren belehrt, nicht nur mit der abschliessenden Aussage, ich solle Euere Großzügigkeit bezüglich der Strafe doch mal zum Anlass nehmen, meine “Sorgfältigkeit zu überdenken”. Übrigens hatte ich mein Warndreieck sogar dabei, allerdings lag es in meinem Kofferraum unter einem Berg von Notizen, Büchern und sonstigem Kram, der sich im meinem Auto über die Zeit angesammelt hat und ich hatte keine Lust, meinerseits irgendwelche Vorurteile in Eueren Köpfen weiter zu festigen, indem ich erstmal alles vor euch auspacke, was ich so mit mir führe.

Das nächste Mal leg ich es in Griffnähe,

Euer Sebastian


Briefing (IX)

Liebe Doris Lessing,

bitte lassen Sie mich Ihnen etwas erklären: Das Internet ist ein Medium, genau wie ein Buch oder ein Stück Papier, wenn sie so wollen. Wie man es inhaltlich füllt oder wofür man es verwendet, das bleibt (Vorsicht: Große Überraschungserkenntnis!) komplett dem jeweiligen Nutzer überlassen. Dass Sie in ihrer Rede zur Verleihung des Nobelpreises die Literatur und das Internet als diametral zueinander stehend betrachten, beweist, dass Sie genau das nicht verstanden haben. Und dass Sie oben drauf die Behauptung setzten, die Gesellschaft hätte sich noch nie gefragt, wie sich das Leben und die Denkweise durch die Vernetzung verändert hat, scheint mir so absurd, dass ich nur noch den Kopf schütteln kann, aber, und das soll kein Angriff sein, es ist ja nun wirklich nichts außergewöhnliches, wenn man in Ihrem hohen Alter nur eine diffuse Vorstellung von den etwas moderneren (ich scheue mich, hier noch das Wort „modern“ zu gebrauchen) Technologien und Forschungsrichtungen (Stichwort: Medienwissenschaft) hat.

Fragen Sie das nächste Mal doch bitte jemanden, bevor Sie wieder über etwas sprechen, das Sie selbst nicht kennen. Ich biete mich hiermit als Ansprechpartner an.

Ihr gleichermaßen literatur- wie internetaffiner
S. Baumer


Briefing (VIII)

Lieber Passant mit Hut,

es war wirklich sehr nett, dass Du mich ansprachst, als Du mir begegnetest, während ich an einer sehr kargen Stelle im Industriegebiet dabei war, wieder einmal den Herbst in Bildern festzuhalten. Auch auf Deine verwunderte Frage, was ich denn da photographieren würde, da gäbe es doch nur hässliches Gestrüpp, versuchte ich verständlich zu antworten, auch wenn ich Dir natürlich nichts über die generelle Ästhetik des Verfalls oder die Schönheit in der Vergänglichkeit aller existierenden Pflanzen erzählt habe, um Dich nicht noch mehr zu verwirren. Dass Du dann aber, nach einem kurzen Lachen kopfschüttelnd von dannen gezogen bist, könnte ich fast als eine Beleidigung auffassen, wenn mir derartiges nicht schon häufiger passiert wäre (vor allem auf Baustellen und in alten Fabriken) und ich nicht an diese Reaktion gewöhnt wäre.

Dir sei hiermit nochmal versichert, dass ich schon wusste, was ich tue. Ich will Dir in jedem Fall nochmal für die später erfolgte Erkenntnis danken, die darin besteht, dass es vielleicht genau das ist, was meine Photographie zu einem großen Teil ausmacht: Ich sehe interessante Bilder, wo andere nur hässliches Gestrüpp am Rande wahrnehmen.

Vielleicht sieht man sich mal wieder,
S.


Briefing (VII)

Lieber “Tobias K.”,

Es macht ziemlichen Spaß, Feinde zu haben, denen man auch aus einer nettgemeinten Geste noch einen Strick drehen kann, oder? Da kann man sich mal so richtig aufregen und abreagieren an nichts. Aristoteles hat das Katharsis genannt, das kommt vom griechischen Wort “κάθαρσις” und bedeutet “Reinigung”.

In diesem Sinne: Spring fein im Dreieck.


Briefing (VI)

Liebe Daniela,

schon zum zweiten Mal stellst Du mir per Mail ausführliche Fragen nach meinem Kameraequipment. Ich kann es Dir nicht wirklich verübeln, muss aber anmerken, dass es langsam anfängt zu nerven, denn höre ich diese Auskunftsbitten nicht zum ersten Mal, ganz im Gegenteil: Die Frage “Was für ne Kamera benutztn Du für diese Photos?” ist die wohl mir meistgestellte Frage, seit ich ernsthaft mit der Photographie begonnen habe und ich beantworte sie normalerweise nur ungern. Die Begründung dafür dürfte im folgenden, uralten Photografenwitz verborgen sein:

Helmut Newton speist in einem Restaurant. Als er nach dem Essen noch ein Glas Wein trinkt, besucht ihn der Chefkoch, ein Bewunderer seiner Arbeit, am Tisch. “Ich liebe ihre Bilder”, sagt der Koch, “sie müssen eine tolle Kamera haben”. “Vielen Dank”, entgegnet Newton, “Ihr Essen war ebenfalls herausragend. Sie müssen tolle Kochtöpfe haben”.


Briefing (V)

Lieber Guillermo Del Toro,

Mit extrem viel Vorfreude habe ich mir heute zum ersten Mal Ihren Film ‘Pans Labyrinth’ angesehen. Ich habe mir Chips und Bier bereitgestellt, das Zimmer abgedunkelt, alles so vorbereitet, als würde ich den Film nicht ganz alleine sehen, sondern auf einer großen Leinwand. Ich verrichtete keine ablenkenden Tätigkeiten nebenbei, wie bei mir üblich, wenn ich den gewöhnlichen Hollywoodschrott zur puren Unterhaltung sehe. Kurz: Ich war voll konzentriert auf Ihr Werk. Lassen Sie mich das Fazit dieses Briefs vorwegnehmen: Es half nicht.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich mag es, wie Sie eine realistische Geschichte über den spanischen Faschismus und eine Fantasystory parallel erzählen, ich finde diese Grundidee sehr innovativ, ich liebe die Bilder, die sehr beeindruckende Kameraarbeit fasziniert mich und die nicht übermässig eingesetzten Spezialeffekte sind definitiv herausragend, aber irgendwie fehlt dem Film das entscheidende Element, die Art von Zauber, die ein guter Film haben muss oder wenigstens eine einzige überraschende Wendung. Wenn ich darüber nachdenke, was mich am meisten enttäuscht, dann muss ich an erster Stelle den Plot an sich nennen. Ein paar Soldaten kämpfen im entlegenen Hinterland gegen Guerilla-Krieger, es gibt eine handvoll Verräter im Lager, ein Mädchen muss drei Prüfungen bestehen, jede davon in ihrem Ablauf vorhersehbarer als die nächste. Sie erzählen in knapp zwei Stunden eine Geschichte, bei der jeder einzelne Schritt einem halbwegs intelligenten Zuschauer schon lange vorher klar ist und bei der die oft in den Rezensionen so sehr in den Vordergrund gestellten Fantasy-Elemente leider jederzeit nur Nebenschauplatz bleiben. Kennt man den gehörnten Pan und das Wesen mit den Augen in den Händen bereits aus dem Trailer oder von Promofotos, hat man irgendwie schon alles gesehen, was an dem Film sehenswert ist, in dem Punkt ist ‘Pans Labyrinth’ nicht unählich dem russischen, viel Action- und Sci-Fi-lastigerem Debakel ‘Wächter Der Nacht’.

Ich bin, Herr Del Toro, derweilen in jedem Fall verblüfft, wie wenig heute ausreicht, um einen in allen Kritiken hochgelobten ‘Kultfilm’ zu fabrizieren und sogar drei Oscars (!) zu gewinnen: Man mische einfach zwei an sich nichtssagende, straight ablaufende Geschichten ineinander und benutze als Bindeglied ein kleines Mädchen, um das ganze als ‘Erwachsenenmärchen’ deklarieren zu können. Ich hatte nach dem ganzen Hype und den auch durchweg positiven Reaktion von diversen Freunden einen Film erwartet, der sich locker in meine Alltime Top50 oder gar Top25 zaubert. Aber diesen Film sah ich heute nicht, sondern nur ein eher unbedeutendes Kitschfilmchen, das glatt an meinem Erinnerungswürdigkeitsorgan vorbeirauschte. Statt einer surrealeren und gleichzeitig realistischeren Version von Terry Gilliams ‘Brother’s Grimm’ oder einer ‘Herr Der Ringe’-Version von Alice In Wonderland, was in etwa das war, was die Presse mich erwarten ließ, bekam ich nur einen beliebigen Kriegsfilm mit Schneewittchen-Elementen. Auf einer Skala von eins bis zehn für mich leider nur eine sechs.

Mit freundlichem Gruße,

eine Stimme mit einer sich der Mehrheit nicht anschliessenden Meinung, die sicher nicht zur abschliessenden Bewertung ihres Werkes beitragen wird.


Briefing (IV)

Lieber Wayne Wang,

Sie haben es doch tatsächlich geschafft, mich zu verblüffen. Nachdem ich im Laufe meines Lebens eine gefühlte Anzahl von zehntausend schlechten Hollywood-Filmen gesehen habe, war ich davon überzeugt, dass mich nichts mehr schockieren könnte, aber ihr Machwerk von 2002 namens “Maid in Manhatten”, das ich vor kurzem konsumieren durfte, unterbietet locker alles, einschließlich meinem bisherigen Lowlight, der abrundtief schrecklichen, alle Horror-, Fantasy- und SciFi-Genreschwächen vermischenden Comicverfilmung “Van Helsing”.

Es sind nicht nur die miesen Schauspieler und die extrem klischeehaften Rollen, allen voran eine völlig hölzern-stereotype Jennifer Lopez, die Ihren Film, der wohl soetwas wie eine romantische Komödie, im übrigen ein Genre für das ich tatsächlich eine peinliche Schwäche habe, darstellen soll, zum für mich schlechtesten Film aller Zeiten machen, sondern auch die pathetischen Nonsense-Dialoge, die unfassbar dilettantische Kameraarbeit, die gruselige Musik und die nicht vorhandene Handlung. Und letzteres ist nicht im postmodernen Sinne zu verstehen, im Gegenteil: Ihr Film wirkt, als hätte man alle romantischen Komödien zwischen 1985 und 1995 auf den schlechtesten gemeinsamen Nenner gebracht und dabei den Humor komplett herausgeschnitten. Dass man dazu in der zweiten Hauptrolle einen als Pseudo-Gutmenschen agierenden, republikanischen Lokalpolitiker bewundern darf und Richard Nixon im Film als missverstandener Held (!) dargestellt wird, ist eigentlich nur noch Nebensache, vor allem angesichts solchen Stellen wie der, an der das Happy End längst greifbar ist, sie aber nochmal minutenlang die leere Strasse vor dem Hotel filmen, dazu eine akustische Gitarre erklingen und ein paar Herbstblätter ins Bild regnen lassen, was man auch “schwermütige Stimmung erzeugen für Vorschulfilmer” nennen könnte.

Mich wundert es jedenfalls nicht, dass wir die Videokassette geschenkt bekamen und es dürfte sie nicht wundern, dass wir sie wohl dennoch zurückgeben oder in den Müll werfen werden. Ich fühlte mich beim Ansehen ihres Films wie der eigentlich intelligente kleine Junge, der in einer Szene zwei Science-Fiction-Plastikspielzeuge mehrmals hirn- und wortlos aneinanderstösst, was wohl seinen Frust verdeutlichen soll. Ich hoffe sehr inständig, dass ich nie wieder einen Film von Ihnen werde sehen müssen. Schon die Vorstellung davon bereitet mir schlimme Alpträume.

Ihr für diese Erfahrung dennoch dankbarer
Sebastian B.

PS: Ernsthaft, jetzt: Bitte, bitte, lassen sie das mit dem Regieführen doch in Zukunft sein. Es gibt so viele andere tolle Dinge, die man mit seinem Leben anstellen kann. Zum Beispiel von Hochhäusern runterspringen.
PPS: Falls das Ganze doch eine perfekt getarnte, sarkastische Parodie war, lassen Sie es mich wissen. In diesem Falle sind sie ein perfides Genie, Sir.


Briefing (III)

Liebe Miss W.,

Nachdem ich Dich nach unserer Photosession mehrfach danach gefragt hatte, ob ich denn nicht das ein oder andere der von mir angefertigten Bilder veröffentlichen darf und Du die Frage mindestens dreimal schlicht ignoriert hast, was mich zu der Annahme führte, dass Du es einfach nicht magst, wenn ich welche von den Bildern irgendwo zeige, mich aber auch etwas verwunderte, weil Dir hätte klar sein sollen, dass ich die Photos kaum zu dem Zwecke anfertigen werde, sie im Anschluss auf meiner Festplatte vergammeln zu lassen, war ich leicht enttäuscht.

Richtig schwer irritiert hat mich dann aber die Tatsache, dass Du vor ein paar Tagen beschlossen zu haben scheinst, eins von meinen Bildern, noch dazu eins, das ich persönlich nicht für wirklich vorzeigenswert bzw. meinen eigentlichen Fähigkeiten entsprechend halte, und das Du selbst an einem offenbar unkalibrierten Monitor, mit vorsichtig ausgedrückt fragwürdigen Einstellungen (und in verschieden zugeschnittenen Version) bearbeitet hast, für Dein Profil auf einer Web2.0-Plattform zu benutzen, ohne mir auch nur Bescheid zu sagen.

Ich sehe ich es hiermit als mein Recht an, ebenfalls etwas von der Session, die ich im übrigen, wie bereits erwähnt, teilweise für sehr gelungen halte, zu zeigen, auch wenn diese Vorgehensweise eigentlich gar nicht mein Stil ist. Meine Managerin hat mich in dieser Meinung bestärkt.

Viele Grüße und sehr schade übrigens, dass das hier wieder mal so dämlich läuft, ich hätte Dich nämlich gerne noch viel besser und öfter photografiert. Ich sollte langsam lernen, dass ich den Menschen, die ich ablichte, in dieser Hinsicht schlicht und einfach nicht vertrauen kann. Vielleicht sollte ich auch dazu übergehen, Verträge über die Nutzung meiner Bilder (am besten mit einer Passage für Model und einer Passage für Photograph) noch vor dem Entstehen zu entwerfen, auch wenn mir selbiges so extrem unlocker vorkommt.

Dein Sebastian.


Briefing (II)

Liebe dicke Verkäuferin von der Aral-Tankstelle,

Es war ja mal eine zeitlang wirklich praktisch, dass Sie, wann immer ich den Laden betrat, den grünen Lucky Strike-Tabak schon aus dem Regal zogen. Zum Problem wurde es erst, als ich meinen eigenen Zigarettenkonsum (weitestgehend) einstellte, sie aber das alte Verhaltensmuster nicht mehr aus dem Kopf bekamen. Jetzt dauert es meist doppelt so lange, meinen Benzin bei Ihnen zu bezahlen, weil Sie erst den schon gescannten Tabak stornieren müssen. Und wenn ich dann, wie kürzlich, doch mal wieder welchen kaufe, dann sind sie verständlicherweise komplett verwirrt.

Mit der Bitte um weniger präformiertes Handeln,
Ihr Sebastian B.


Briefing (I)

Lieber Christoph Schlingensief,

Da lief ich gestern mit meinem Jörlfriend nochmal raus in die graue kleine Stadt und dachte so bei mir: “Ich ess mir schnell noch Zitroneneis” und dann an den Draußentischen des Rästaurangs vorbei, in dem meine Ex und ich manchmal Griebenschmalzbrot verzehrten und in meinem Brain nur noch kulinarisches, um URplötzlich an einem der großen Helden meiner Postpubertät vorbeizugehen. Ich sag auch noch zu ihr: “Woah, der Typ sieht exakt so aus wie…” und merk noch im Satz, dass es nicht “wie” heisst, sondern dass Sie’s wirklich sind und ging später absichtlich nochmal durch die Tische, um mich zu ver=gewissern, wollt fast schon irgendwas zu Ihnen sagen, aber die Schwänin meinte, das wäre Ihnen bestimmt unangenehm.

Es ist wirklich surreal, wenn man einen von den Menschen, die eine TeilSchuld treffen, dass man in Bayreuth seit vielen Semestern das studiert, was man studiert, plötzlich genau dort trifft, in einer Standardsituation. David Lynch in der Schlange bei Lidl, Klopapier kaufend oder Kurt Cobain mit klaffendem Loch im Gesicht an der Tankstelle rumlungernd wären für mich auch nicht viel spektakulärer.

Dankeschön,

Ihr Sebastian B.


Rückspiegel (VII)

Dear P.,

Ich habe ziemlich oft an Dich gedacht in den letzten Woche, nicht nur wegen dem Geburtstag. Ich habe ein paar Tage lang gedacht, dass Du sozusagen die Mutter aller Menschen bist, die mich jemals verlassen haben oder verlassen werden. Später habe ich den Gedanken wieder verworfen, weil Du mich nicht verlassen hast, sondern ich Dich gehen ließ und nicht mitkam. Und ich habe endlich mal jemandem von Dir erzählt, auch wenn es nur ein paar Sätze waren.

Ich bin der letzte, der an solchen esoterischen Dreck glaubt, aber ich weiß, dass Du das ein bisschen an solchen Dinge gehangen hast: Als ich heute Duschen ging und die Kette abnehmen wollt, riss sie ab. Es riss nicht das Lederband, sondern das Metall riss. Das klirrende Geräusch des Anhängers, der auf die Fliesen fiel, brachte mich fast dazu, ohnmächtig zu werden.

Wenn das ein Zufall ist, dann ist es ein verdammt guter. Und wenn nicht, dann lasse ich Dich hiermit wissen, dass ich die Nachricht erhalten habe, dass Du noch immer verdammt viel Sinn für Timing und Melodramatik hast und dass ich die Kette trotzdem irgendwie reparieren lassen werde. Ich hoffe, es gibt dort drüben Internet ;)…

Dankeschön.


Kurznachricht.

“Wer hat den Horizont angebissen? Warst Du es, Elisa? Wenn Du mittiger gebissen hättest, könnte ich beim Sonnenuntergang fast genau 17 Minuten länger Licht haben, aber ich schätze mal, es war Dir von Anfang an klar, dass ich darauf nicht den geringsten Wert lege. Die Nacht verwischt jegliche Realität und dann geht das mit dem Tanzen wieder los. Und dem Voodoo. Und dem Fisch. Und dem Wandern. In der Landschaft. Im Winter”, sagte er.

“Ich mag Sprachzwitter”, sagte sie, und dann wurde es dunkel.


Wo sind die älteren Beiträge?

Gute Frage.

Das Weblog “Die Irrlichterkette” ist der seit 2008 auf meiner eigenen Domain gehostete Umzug eines seit vor vielen Jahren auf Blogger gepflegten und eher privaten Netztagebuchs mit dem merkwürdigen Titel “Art, Love und schneeblinde Sinnwundheilung”.

Ich habe zwar aus Gründen der Vollständigkeit die meisten der Beiträge hier wieder ins System eingepflegt und neu verschlagwortet (über 1000 Stück), aber einige sehr alte Postings (vor Mai 2007) haben den Weg auf die neue Präsenz nicht geschafft. Das hat den schlichten Grund, dass sich mein Schreiben im Laufe der Zeit auf ein höheres Niveau bewegt hat und ich den ganz alten Kram einfach deutlich zu schlecht finde, um ihn weiter in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es sind auch so schon genug wirklich grauenhafte Passagen pathetischen Befindlichkeitsmülls aus früheren Jahren an Bord.